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Zero Points für ÖVP-„Beitrag“ zum ESC

Veröffentlicht am 17. Juli 2015
Im Mai 2015 scheiterte auch der ein Jahr zuvor gestartete dritte Versuch, die Diskriminierung ausgerechnet beim Diskriminierungsschutz im Gleichbehandlungsrecht zu beseitigen, am hartnäckigen Widerstand der ÖVP, wie ich in den LN 3/2015 berichtete. Eine Zusammenfassung der jahrzehntelangen Bemühungen findet sich hier.

Am 21. Mai 2015 nahmen rund 200 AktivistInnen, unter anderem von der HOSI Wien, am Regenbogenmarsch für Menschenrechte teil, den das Netzwerk „To Russia With Love Austria (TRWLAT)“ organisierte, um auf das strafrechtliche Totalverbot homosexueller Handlungen in über 70 Ländern dieser Welt aufmerksam zu machen. Der riesige Quilt des Berliner TRWLAT-Pendants „Enough is Enough“ mit den Fahnen dieser Staaten wurde mitgetragen. Der Anlass der Demo wurde nach der Ablehnung des Levelling-up durch die ÖVP drei Tage zuvor um diesen Aspekt erweitert.

Dieser Mai hatte es in sich: Dank Life Ball am 16. Mai und Eurovision Song Contest in der Woche danach war das Thema Homo- bzw. Transsexualität in den Massenmedien omnipräsent. Die HOSI Wien hatte alle Hände voll zu tun, die Neugierde und das Informationsbedürfnis von JournalistInnen aus dem In- und Ausland zu befriedigen, wobei viele speziell wissen wollten, wie sich nun Conquitas Sieg vor einem Jahr und der dadurch ausgelöste Hype um das Thema Akzeptanz tatsächlich konkret auf die gesellschaftliche Situation von LSBT-Personen in Österreich ausgewirkt hätten. Und so erschienen zahlreiche ausführliche Berichte darüber in Tageszeitungen, in denen HOSI-Wien-VertreterInnen ebenso zu Wort kamen wie in zahlreichen Radio- und TV-Beiträgen, darunter im niederländischen Rundfunk und im finnlandschwedischen Fernsehen. Angeheizt wurde das Thema „Wien als weltoffene Stadt des Regenbogens“ auch durch viele „Extras“ wie etwa die gleichgeschlechtlichen Pärchen auf den Fußgängerampeln.

Und natürlich klinkte sich nicht nur die Politik – positiv wie negativ – bei dieser Gelegenheit ein, sondern auch die LSBT-Organisationen nutzten die Medienaufmerksamkeit für Aktionen und Veranstaltungen aller Art. Immerhin fiel heuer auch der internationale Tag gegen Homo- und Transphobie (IDAHOT) am 17. Mai mitten in diese LSBT-Festwochen. Am 16. Mai forderte die HOSI Wien aus diesem Anlass in einer Medienaussendung einmal mehr ein Levelling-up beim Diskriminierungsschutz: Österreich habe zwar in den letzten Jahrzehnten in Sachen Gleichstellung und Nichtdiskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen (LSBT) aufgeholt und liege mittlerweile diesbezüglich im europäischen Spitzenfeld, aber einige wichtige Forderungen, wie die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes harrten immer noch ihrer Umsetzung.

Und am 20. Mai legten wir nach, nachdem die ÖVP die breite homofreundliche Stimmung durch ihre neuerliche Ablehnung des Levelling-up einmal mehr konterkariert hatte: „Lange hat er nicht gehalten: Der neue Lack, den sich die ÖVP auf ihrem Reformparteitag verpasst hat, ist schon nach einer Woche wieder abgeblättert“, kommentierte HOSI-Wien-Obmann CHRISTIAN HÖGL süffisant. „Aber das kennen wir ja schon seit Jahrzehnten: Immer wenn die ÖVP ankündigt, sich modernisieren zu wollen, ist bestenfalls mit Stillstand zu rechnen.“

„Das ÖVP-Argument, die EU-Richtlinien geben diese Hierarchie beim Diskriminierungsschutz vor, ist insofern nicht stichhaltig, als es natürlich jedem Mitgliedsstaat freisteht, über die Minimalanforderungen der EU hinauszugehen“, ergänzte der Autor dieser Zeilen, „was übrigens 25 der 28 EU-Mitgliedsstaaten bereits getan haben, indem sie in ihren nationalen Gesetzgebungen einheitlichen Diskriminierungsschutz geschaffen haben. Warum dies ausgerechnet in Österreich so problematisch sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Das Levelling-up muss kommen und wird kommen. Warum in dieser Phase die ÖVP noch ein solch peinliches Volkssturm-Gehabe an den Tag legt und das Unvermeidliche mit allen Mitteln verhindern will, ist ebensowenig nachvollziehbar wie ihr nur mehr als lustvoll masochistisch auszulegendes Timing, sich ausgerechnet in der Woche, in der in Wien mit Life Ball und Eurovision Song Contest Feste der Toleranz, des Respekts und der Nichtdiskriminierung gefeiert werden, ins homophobe Schmuddeleck zu stellen.“