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Knebelung der Meinungsfreiheit

Veröffentlicht am 10. Mai 2007
2007 waren die sieben bleiernen Jahre der schwarz-blauen Regierung endlich vorbei. Es war eine Zeit unerträglicher Knebelung der Meinungsfreiheit in Österreich. Die HOSI Wien, selbst Opfer dieser Entwicklungen, kann stolz darauf sein, konsequent dagegengehalten und keine Möglichkeit ausgelassen zu haben, diese Zustände bei internationalen Organisationen anzuprangern. In den LN 3/2007 resümierte ich diese Initiativen.

Wie berichtet (vgl. LN 2/2007, S. 12 f), hat die HOSI Wien im Februar 2007 dem UNO-Ausschuss für Menschenrechte über die unerträgliche Knebelung der Meinungsfreiheit in Österreich während der bleiernen Zeit der Regierung Schüssel berichtet. Mittlerweile haben wir uns wegen dieser Menschenrechtsverletzungen auch an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den Europarat gewandt.

Dem sogenannten „Ergänzungstreffen der Menschlichen Dimension“ der OSZE zum Thema „Versammlungs-, Vereins- und Meinungsfreiheit“, das am 29. und 30. März 2007 in Wien stattfand, hat die HOSI Wien eine schriftliche Stellungnahme vorgelegt. Darin wird auf die systematische Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Österreich durch eine wahre Klagsflut seitens von FPÖ-, BZÖ- und ÖVP-Politikern gegen kritische JournalistInnen und unliebsame GegnerInnen hingewiesen und auf die unrühmliche Tätigkeit inkompetenter bzw. voreingenommener RichterInnen aufmerksam gemacht, die als willige VollstreckerInnen der schwarz-blauen Einschüchterungspolitik agiert haben.

Deren menschenrechtswidrige Fehlurteile haben in jüngster Zeit zu einer Reihe von Verurteilungen Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geführt. Österreich hält in diesem Bereich mittlerweile den traurigen Europarekord an Verurteilungen unter allen 46 Europaratsstaaten. Nicht nur die drei von der EU eingesetzten Weisen haben diese menschenrechtswidrigen Zustände in ihrem Bericht im Jahr 2000 verurteilt, sondern auch internationale NGOs, wie etwa die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte oder ARTICLE 19 – letztere sprach in diesem Zusammenhang sogar von einem „systematischen Versagen des österreichischen Justizsystems“ [vgl. Aussendung der HOSI Wien vom 23. März 2007].

In seiner Wortmeldung auf der OSZE-Tagung betonte der Autor dieser Zeilen, dass die Tatbestände „üble Nachrede“ und „Beleidigung“ im Strafrecht nichts verloren haben. Die Information, dass das österreichische Strafgesetzbuch dafür eine Höchststrafe von einem Jahr Gefängnis vorsieht, löste bei etlichen Delegierten Kopfschütteln aus. Ich forderte die OSZE daher auch auf, vehement dafür einzutreten, dass solche Strafbestimmungen in allen Mitgliedsstaaten, in denen solche noch bestehen, abgeschafft werden. Es reiche vollkommen aus, sich gegen Ehrenbeleidigung zivilrechtlich wehren zu können.

An und für sich handelt es sich bei der Abschaffung strafrechtlicher Beleidigungstatbestände um eine bereits bestehende Empfehlung sowohl des Europarats als auch der OSZE, aber Österreich ist bei der Umsetzung dieser Forderung säumig. Deshalb hat die HOSI Wien auch an Bundeskanzler Gusenbauer, Justizministerin Berger und Außenministerin Ursula Plassnik geschrieben und sie aufgefordert, für die Abschaffung dieser strafrechtlichen Tatbestände – entsprechend der Beschlusslage des Europarats und der OSZE – zu sorgen. Außerdem müsse die richterliche Ausbildung in Sachen Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention und Judikatur des EGMR intensiviert werden, damit es auch im zivilrechtlichen Bereich zu keinen überschießenden oder willkürlichen Verurteilungen mehr komme.

Die HOSI Wien, die ja durch die Klage des Ex-ÖVP-Abgeordneten Walter Tancsits selbst Opfer dieser menschenrechtswidrigen Praxis während der sieben dunklen Jahre der schwarz-blau-orangen Herrschaft wurde, kündigte in ihrer Medienaussendung am 31. März an, jedenfalls auch in Zukunft keine sich bietende Gelegenheit auslassen zu wollen, auf internationalen Foren Österreich wegen dieser Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, solange dieses Ehrenbeleidigungsverfahren läuft.

Eine solche Gelegenheit sollte sich bereits ein paar Wochen später ergeben: In Vorbereitung des Besuchs von Thomas Hammarberg, des Menschenrechtskommissars des Europarats, in Österreich hat die HOSI Wien seinem Büro im April ihre wichtigsten Anliegen übermittelt. Wir konzentrieren uns dabei – neben der erwähnten massiven Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung während der Ära Schüssel – auf jene Bereiche, die wir schon gegenüber dem UNO-Ausschuss für Menschenrechte hervorgehoben haben [vgl. Aussendung der HOSI Wien vom 25. April 2007].

Hammarberg wird vom 21. bis 25. Mai 2007 Österreich einen Besuch abstatten, um sich einen Überblick über die Lage der Menschenrechte hierzulande zu verschaffen und im Anschluss daran einen Bericht darüber zu erstellen. Hammarberg hat es sich zum Ziel gesetzt, während seiner sechsjährigen Amtsperiode über jeden der 46 Mitgliedsstaaten des Europarats einen solchen Bericht zu verfassen. Im Rahmen seines Besuchs wird Hammarberg auch mit NGO-VertreterInnen zusammentreffen. Die HOSI Wien wird sich bemühen, ihm bei dieser Gelegenheit ihre Anliegen persönlich darzulegen [vgl. spätere Aussendung der HOSI Wien vom 21. Mai 2007] sowie spätere Berichte in den LN 4/2007, S. 18, LN 6/2007, S. 11 f, sowie LN 1/2008, S. 6 f].