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Spitzelaffäre: Jörg H. – die verkappte Supertunte?

Veröffentlicht am 12. Januar 2001
Im Jahr 2000 wurden abermals zahllose Aufsätze und etliche Bücher über Jörg Haider publiziert, die sich zum Teil auch mit der Psyche des Kärntner Landeshauptmanns und dem massenpsychologischen Phänomen der Haider-Verehrung auseinandersetzten. Doch ein wesentlicher Aspekt blieb dabei immer ausgespart: seine (verkappte) Homosexualität und welche Auswirkungen sie auf sein Agieren hatte. Hier sprang ich zum Ausgleich mit diesem langen Bericht in den LN 1/2001 ein.

Wieder sind in den letzten Monaten zahllose Aufsätze und etliche Bücher über Jörg Haider publiziert worden, die sich zum Teil auch mit der Psyche und Psychologie des Kärntner Landeshauptmanns und dem massenpsychologischen Phänomen der Haider-Verehrung auseinandersetzen. Doch ein wesentlicher Aspekt, weil sicherlich eine wichtige Ursache für das Verhalten und Tun Haiders, bleibt in diesen Analysen immer ausgespart: seine (verkappte, offenbar nicht bewältigte) Homosexualität und welche Auswirkungen sie auf sein Agieren hat.

 

Stapo inszeniert Geheimdienstklamotte

Daß Haider schwul bzw. bisexuell ist, ist ein offenes Geheimnis und kann getrost als gesichert angenommen werden – wohl nicht von ungefähr hat ihn die Kärntner Volkspartei im Landtagswahlkampf 1999 in Zeitungsinseraten als „Schwuchtel“ bezeichnet (vgl. LN 2/1999, S. 8 f). Haider selbst hat auch nie sein Outing durch Jochen Herdieckerhoff im Vorjahr dementiert (vgl. LN 2/2000, S. 13 ff, und 3/2000, S. 17 ff). Daß bereits 1994 diesbezügliche Gerüchte in Umlauf waren, wurde nunmehr auch von Michael Sika, Ex-Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, in seinem armseligen, zu unverdienten Ehren gekommenen „Enthüllungsbuch“ bestätigt. FORMAT berichtete darüber in der Ausgabe 43 vom 23. 10. 2000, profil in der # 44 vom 30. Oktober: Um Haider und sein Privatleben unauffällig ausspionieren zu können, hätte die Staatspolizei eine „Geheimdienstklamotte“ (FORMAT) inszeniert. Durch fingierte Attentatsdrohungen gegen Haider hätte man erreicht, daß der damalige FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold von sich aus hochoffiziell bei Sika um verstärkten Personenschutz für Haider ansuchte. Auf diese Art hätte die Stapo unauffällig ihre Leute in Haiders Nähe placieren und ihn überwachen können. Die Operation soll jedoch daran gescheitert sein, daß der angesetzte Stapo-Mann angeblich „umgedreht“ wurde – also politisch, nicht sexuell!

Laut FORMAT existiert auch ein dickes Stapo-Dossier über Haiders Privatleben. Dem damalige SPÖ-Innenminister Franz Löschnak sei es vorgelegt worden, dieser hülle sich aber in Schweigen. Der damalige Stapo-Chef Oswald Kessler bestreitet indes die Existenz eines solchen Dossiers. Die damals – 1993/94 – zirkulierenden Gerüchte wußten u. a. von Haiders sexuellen Kontakten zu seinem Chauffeur zu berichten.

Während FORMAT noch meinte, die FPÖ werde diese Causa nun dazu verwenden, um die Kleindienst-Spitzelvorwürfe zu konterkarieren, deutete Günter Traxler in einer wie immer köstlichen Glosse im Standard vom 28. Oktober an, daß diese Causa, obwohl politisch hochbrisant, genau wegen dieser Gerüchte von der FPÖ nicht ausgeschlachtet werden wird. Bedauernd meinte er: Und dieses Zuckerl soll von keinem parlamentarischen Untersuchungsausschuß belutscht werden? Das kann die FPÖ nicht wollen! Da wird erst durch Bedrohungsbildvortäuschung Steuergeld verschleudert, und dann sollen die Steuerzahler nicht einmal erfahren, was die Sbirren dem gierig lauschenden Einem von Haiders sexuellen Neigungen und vom Drogenkonsum in seiner Umgebung zuflüsterten? – Ja, wirklich gemein! Und jammerschade. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, die Wahrheit zu erfahren!

 

Unfaßbare Gerüchte

Natürlich gibt es auch ZweiflerInnen, die diese Gerüchte als völlig haltlos betrachten – nicht nur bei der FPÖ-Postille Wir Wiener – Das Bürgermagazin (Ausgabe vom November 2000). Auch Ro Raftl, emeritierte Klatschkolumnistin des Kuriers, der man eigentlich größtes High-Society-Insiderwissen zutrauen würde, listet im FORMAT-Interview (Nr. 47 vom 20. 11. 2000) das Gerücht, daß Jörg Haider angeblich auch Männer mag, in die Kategorie „Absurdes“: Ich weiß nicht, ob das in anderen Städten auch so ist, aber in Wien gibt es unfaßbare Gerüchte.

In dieser Sache muß man indes drei Dinge unterscheiden: erstens Haiders homosexuelle Neigungen, zweitens die homoerotische Komponente des Haiderkults und drittens die Frage, ob Haider seine homosexuelle Neigungen auch auslebt. Letzteres kann hier schnell abgehakt werden, denn diese Frage ist in der Tat unerheblich, aber für viele ist halt Homosexualität erst gegeben, wenn sie ausgelebt wird. Zudem beziehen sich die Gerüchte auf homosexuelle Handlungen. Der Autor dieser Zeilen ist überzeugt, daß etliche der Gerüchte über Haiders ausgelebte Homosexualität wahr sind – und es gibt sicherlich genug Leute, die darüber berichten könnten, es aber aus den verschiedensten Gründen nicht tun – etwa Heide Schmidt, frühere FPÖ-Insiderin, für die es eben eine Frage des persönlichen Anstands ist, trotz heftiger Anfeindungen durch die FPÖ diese privaten Dinge über Haider einfach nicht zu erzählen. Aber wie gesagt: Dieser Aspekt ist wirklich der irrelevanteste und uninteressanteste.

Für Haiders homosexuelle Neigungen gibt es indes auch ohne gesichertes Wissen über homosexuelle Handlungen (wobei ja solche ohnedies nicht unbedingt immer mit einer homosexuellen Veranlagung gleichzusetzen sind!) genug Indizien.

 

Diva und Primadonna

Da ist einmal sein Körperbewußtsein, um nicht das häßliche Wort Eitelkeit zu verwenden. Haider hat sich seinen schräg verwachsenen Schneidezahn korrigieren lassen, um jetzt ein perfektes Gebiß zu haben. Er hat sich in den USA das Gesicht liften lassen (offiziell absolvierte er Studienlehrgänge an der Harvard-Universität), er ist sportiv und achtet auf seinen Körper, ohne es indes zum topmodischen Waschbrettbauch gebracht zu haben. Und erst sein Outfit: Allein für das, was der Polit-Dreßman in den letzten Jahren an Designer-Klamotten auf der öffentlichen Bühne vorgeführt hat, muß ein kleines Vermögen aufgegangen sein, stellte der Standard vom 11. November in seiner sehr aufschlußreichen Serie Haiders blaue Kassen über das blaue Netzwerk in der Wirtschaft und die Verflechtungen der blauen Finanzströme fest. Von der äußeren Erscheinung her hätte Haider also durchaus das Zeug zum Dandy, aber dazu ist er halt leider viel zuwenig geistreich, es mangelt ihm vollkommen am Esprit dafür.

Da ist weiters die ständige Selbstinszenierung, die mitunter einen Campness-Faktor aufweist, den sonst nur Dame Edna oder Liberace erreichen. Hier ist aber nicht von trivialen Auftritten in Bierzelten, auf Festveranstaltungen oder in Extremsportarten die Rede. Nein, es geht vielmehr um Beispiele wie das folgende: Wenn der Multimillionär und Besitzer Kärntner Latifundien – sein Großgrundbesitz wurde bekanntlich der früheren jüdischen Eigentümerin während der Nazizeit abgepreßt – den sozial Deklassierten und den Mindestrentnerinnen auf Wahlveranstaltungen in Ottakring oder Favoriten zuruft, er werde dafür sorgen, daß sie, die Armen, nicht noch ärmer werden, während die Reichen immer reicher werden, dann ist das camp in Reinkultur und höchster Vollendung und nur noch übertroffen von Evita Perón, die den descamisados, den „Hemdlosen“ aus den Slums von Buenos Aires, ähnliches zurief und ihnen dabei ihre Arme entgegenstreckte, daß die kiloschweren Juwelen- und Perlen-Klunker an ihren Handgelenken nur so schepperten – und der die verarmten Massen dafür genauso zujubelten wie dem Robin Hood aus dem Bärental. Aber vielleicht wird ja auch einmal ein Musical über sein schillerndes Leben geschrieben…

Das Primadonnenhafte kommt wiederum parteiintern zum Tragen – diese Divenallüren, die er früher als Parteiführer an den Tag legte, wenn er den AnhängerInnen immer wieder drohte, ihnen den Krempel einfach hinzuschmeißen – sollten sie doch schauen, wo sie blieben ohne ihn! Und wie er sich dann jedesmal durch Ehrerbietungs- und Anbetungsrituale wieder gnädig umstimmen ließ. Einfach camp, einfach Jörg!

Paradigmatisch dafür sind Sätze aus einem Interview, das NEWS in seiner Ausgabe # 47 vom 23. 11. 2000 erwähnt: Im März 2000, nach der Regierungsbildung und der Verhängung der Maßnahmen der EU-14, hatte sich Haider aus der Bundespolitik nach Kärnten zurückziehen müssen. NEWS-Mitarbeiter Karl Wendl führte ein faszinierendes Gespräch – statt präpotenten Gefeixes und lodenbrauner Landjunkerprosa entwichen dem „F“ührer knöcheltief Weinerlichkeit und Selbstmitleid. Haider darin wörtlich: Viel entschlossener als eigentlich geplant sagte ich meinen Freunden und Funktionären an diesem Montagabend, daß ich zurücktrete. Das war gut so. Denn hätte ich dabei in die Runde geblickt und die Tränen in den Augen vieler meiner langjährigen Mitstreiter gesehen, wer weiß, ob ich nicht schwach geworden wäre. So aber suchte ich weder Blickkontakt, noch ließ ich Raum für eine Diskussion, die mich umstimmen könnte.

Dieses Interview sollte dann für Elfriede Jelinek Anstoß sein zu ihrem Monolog Das Lebewohl. Jelinek meinte übrigens in besagtem NEWS-Heft auf die Frage, wie es um Haiders von ihr diagnostizierter erotischer Anziehung stünde: Das ist das letzte, was ihm geblieben ist. Die Fähigkeit, Menschen an sich zu binden, unterscheidet ihn von anderen rechten Führern. – Noch fixiert er als flackernde, oszillierende Persönlichkeit mit dem dauernden Hin und Her, dem Kokettieren zwischen Gehen oder Bleiben, die Leute auf sich. Aber er kann nicht mehr verbergen, daß er eine einzige Leerstelle ist. – Von Haider bleibt ein absolutes Nichts. Er fällt zusammen wie ein Soufflé, in das man hineinsticht.

 

Messias und Märtyrer

Höchste Campness-Stufe erreicht Haider auch, wenn er als Heilsbringer, als Messias auftritt, die Anfeindungen gegen seine Person mit dem Martyrium Jesu vergleicht oder – wie jüngst – als selbsternannter „Friedensengel“ (kein Schmäh!) nach Rom fährt, dem Papst die Aufwartung macht und einen Weihnachtsbaum überbringt. Dann ist er in seinem Element, obwohl er sich das verschmitzte und daher unernst wirkende Lächeln, das er bei der Darlegung seiner vatikanischen Friedensengelsmission aufsetzte, noch abgewöhnen muß – aber auch diesen letzten Schliff wird er noch schaffen, und man wird sagen können: einfach göttlich, einfach Jörg!

Da ist ferner natürlich die Eloquenz, um es freundlich auszudrücken, die allerdings die am wenigsten schwule Eigenschaft darstellt. Denn Haiders rezidivierende Anfälle von Wortdurchfall sind im Vergleich zur chronischen NLP-induzierten Sprechinkontinenz einer Riess-Passer, eines Westenthaler oder Stadler eher harmlos, aber immerhin (speziell wenn die Vize-Susi im TV spricht, möchte man sie am liebsten auf ihrem Sessel umdrehen, um zu sehen, ob sie – wie gemunkelt wird – am Rücken wirklich eine Schraube zum Aufziehen und Duracell-Batterien eingebaut hat). Darüber hinaus sind Haiders besondere verbale Markenzeichen das Schrille, wobei das weniger in der Form als im Inhalt liegt, und der Hang zum Pathetischen, Theatralischen. Apropos reden: Obzwar Haider nicht den doppelten Kolliergriff macht, hat seine Gestik doch etwas leicht Tuntiges an sich. Ja, wirklich! Man kann das überprüfen: Man braucht bloß einmal bei einem TV-Auftritt den Ton abzudrehen (was auch für die eigene geistige Gesundheit ratsam ist) und sich auf seine Handbewegungen zu konzentrieren.

Damit mir niemand unterstellt, ich würde hier, womöglich voll schwulen Selbsthasses, Klischees über Schwule verfestigen, möchte ich klarstellen: Die vorhin beschriebenen Eigenschaften sind ja keineswegs negativ, im Gegenteil. Sie besonders Schwulen zuzuschreiben ist daher ausdrücklich positiv zu sehen. Campness ist unbestritten eine Kunstform. Und seine Showmaster-Qualität ist ja zweifellos ein Grund für Haiders Erfolg. Das Problem bei ihm ist ja auch nicht, daß er diese Eigenschaften besitzt, sondern wie und wofür er sie einsetzt. Aber Hand aufs Herz: Könnte man sich einen ausgewiesen und gefestigt heterosexuellen Politiker vorstellen, der sich so aufführt wie Haider? Nochmals: Ich rede nicht von den Inhalten, sondern von den (Selbst-)Inszenierungen, der Exaltiertheit, der hochgradigen Campness und dem Personenkult, auf den ich später noch eingehen werde.

Alles in allem hätte Haider mit diesen Anlagen also das Zeug zur Supertunte. Aber leider mangelt es ihm dafür an anderen entscheidenden Voraussetzungen. Genauso wie ihm für die Sparte des Dandy der geistreiche Esprit abgeht, fehlt ihm für die Variante der eleganten und glamourösen Drag-Queen ganz einfach die körperliche Statur. Mit High Heels, Fummel und Perücke würde Haider einfach nur lächerlich aussehen. Das ist schon ein Drama für ihn, weshalb ihm nichts anderes übriggeblieben ist, als seine campen, schwulen Eigenschaften anderweitig einzusetzen. Aber für welch erbärmlichen Zwecke! Apropos (Körper-)Größe: Kleinwüchsigen Männern wird ja oft nachgesagt, sie würden dieses Manko durch allerlei Machtstreben kompensieren wollen. Wieviel Unglück haben solche Männer dabei nicht über die Menschheit gebracht! Hier hat Haider in Wolfgang Schüssel auch einen kongenialen Partner gefunden. Aufkommende Gedanken über die Größe eines bestimmten Körperteils der beiden – und darüber, ob Österreich jetzt womöglich auch wegen der Kompensierung dieser Laune der Natur all das ertragen muß, was die beiden dem Land antun – will ich lieber gleich wieder verdrängen…

 

Grandiosität

Jedem psychologischen Laien muß übrigens auffallen, daß Haider unter einer massiven narzißtischen Störung leidet, und zwar ganz offensichtlich unter „Grandiosität“, wie Alice Miller in ihrem Klassiker Das Drama des begabten Kindes und die Suche nach dem wahren Selbst eine extreme Form der narzißtischen Störung bezeichnet: Der „grandiose“ Mensch wird überall bewundert, und er braucht diese Bewunderung, kann gar nicht ohne sie leben. Er muß alles, was er unternimmt, glänzend machen, und er kann es auch (etwas anderes unternimmt er eben nicht). Auch er bewundert sich – seiner Eigenschaften wegen: seiner Schönheit, Klugheit, Begabung, seiner Erfolge und Leistungen wegen. (…) Die Anderen sind da, um ihn zu bewundern, und er selber ist ständig mit Leib und Seele damit beschäftigt, die Bewunderung zu bekommen (zu verdienen). Darin äußert sich seine quälende Abhängigkeit. Das Trauma der Kindheit wird wiederholt: Er ist immer das von der Mutter bewunderte Kind, aber zugleich spürt er, daß, solange seine Eigenschaften bewundert werden, er doch nicht als der, der er jeweils ist, geliebt wird. (…) Die tragische Verknüpfung von Bewunderung und Liebe ist für den Grandiosen nicht zu trennen. Im Wiederholungszwang sucht er unersättlich die Bewunderung, die ihm doch nie genügt, weil Bewunderung mit Liebe nicht identisch ist. Sie ist eine Ersatzbefriedigung für das unbewußt gebliebene primäre Bedürfnis nach Achtung, Verständnis, Ernstgenommenwerden.

Für Alice Miller ist übrigens die Kehrseite der Grandiosität die Depression. Es steht also zu befürchten, daß Haider in große Depression verfallen wird, wenn seine politische Karriere einmal zu Ende sein wird. Er könnt’ einem noch leid tun.

 

Ehrgeizige junge Männer

Über Haiders Buberlpartie ist schon viel geschrieben worden, auch mit allerlei Anspielungen auf deren homoerotische Komponente. Wobei ich gerade in diesem Punkt eher mit Elfriede Jelinek übereinstimme, die meint, daß homoerotische Männerbünde die Homosexualität meist gar nicht praktizieren, um sie besser sublimieren zu können. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, daß Haider sexuelle Beziehungen mit den Mitgliedern seiner ersten Buberlpartie – Karl-Heinz Petritz, Peter Westenthaler, Walter Meischberger und Gernot Rumpold – gehabt hat. Am ehesten vielleicht noch mit Petritz. Meischberger gab über sein Verhältnis zu Haider nach seinem Rauswurf aus der FPÖ in profil (# 46 vom 13. November 2000) zu Protokoll: Einmal habe ich ihn nur aus der Ferne gesehen und erleichtert festgestellt, daß ich keine Emotionen mehr hab. Des is wie eine erledigte Liebesg’schicht. Und weiter: Er habe die FPÖ bei der letzten Wahl nicht einmal mehr gewählt: Ein ideologisch Getriebener war ich ja sowieso nie.

Unbestritten ist jedoch die Anziehungskraft, die Haider auf ehrgeizige junge Männer immer ausgeübt hat, wie auch der Standard in seiner erwähnten Serie Haiders blaue Kassen am 13. November feststellte. Und daß diese Männer oft aussehen wie Schönlinge aus dem Schwulenkatalog – als hätten sie das Schwulsein erfunden. Norbert Gugerbauer etwa, der 1992 als eines der vielen parteiinternen Opfer Haiders auf der Strecke blieb und für diesen damals seinen Sessel als FPÖ-Klubobmann räumen mußte, sah aus wie ein 80er-Jahr-Schwulen-Klon aus San Francisco, der bei den Village People auftreten hätte können. Prominentestes Beispiel ist jedoch der heute 29jährige Gerald Mikscha, der es neun Jahre als Haiders „Mädchen für alles“ (Der Standard) ausgehalten hat. Als blutjunger 19jähriger begann er als Haiders Privatsekretär und wich in all den Jahren kaum einen Tag von dessen Seite (vgl. LN 1/2000, S. 8 f).

Nach Mikschas Abgang trat der 22jährige Franz Koloini an Haiders Seite. Der „schöne Franz“, wie ihn mittlerweile nicht nur FPler bezeichnen, werkte vor seiner Berufung als Kellnerlehrling im Casino Velden und auf einem Kreuzfahrtschiff, faßte der Standard Koloinis berufliche Qualifikationen für den neuen Job zusammen: Der solariumgebräunte, schwarzgelockte Mann hat sich aussehensmäßig so sehr an seinem Vorbild orientiert, daß ihn eine Klatschpostille bei einem Motorradtreffen in Deutschland prompt als Haiders Sohn geoutet haben wollte.

Daß sich nicht nur seine Adepten, sondern viele seiner Fans an Haiders Äußerlichkeiten orientieren, ist übrigens nichts Neues: Mittlerweile mehrere Generationen von feschen Yuppies haben sich mit Designer-Fetzen derselben Labels, wie sie Haider trägt, gekleidet und dieselben In-Lokale frequentiert. Für dieses Phänomen wurde der Ausdruck „Feschismus“ geprägt.

Ein anderer Aspekt dieser homoerotischen Anziehungskraft zwischen jungen und alten Männern, der eigentlich bei Haider nie wirklich beleuchtet wurde, ist die umgekehrte Version: der Umstand, daß Haider als junger Mann das „arisierte“ Bärental von einem Wahlonkel vererbt bekam. Welcher Natur war diese Beziehung? Warum hat dieser Wahlonkel ausgerechnet dem jungen Haider das Bärental vermacht? War der Wahlonkel vielleicht gar Haiders sugar daddy? Ist man eigentlich jemals dem Gerücht nachgegangen, daß dieser Wahlonkel ein amtsbekannter Homosexueller gewesen sein soll?

Aber sicherlich war auch das nur ein böses, infames Gerücht, denn in Kärnten gibt es offiziell ja gar keine Homosexuellen – wie Udo Jürgens in einem Interview in profil (# 48 vom 27. 11. 2000) zu berichten wußte: Meine Freundin Judy Winter hatte unlängst in Klagenfurt mit ihrem Musical „Marlene“ einen Gastauftritt. Als sie bei dieser Gelegenheit für HIV-Positive sammeln wollte, wurde ihr das von oberster Stelle verboten. Mit der Begründung: In Kärnten gibt es weder Homosexuelle noch AIDS-Kranke.

Das ist wieder ganz typisch und bezeichnend: Verleugnung und Verdrängung dessen, was nicht sein darf, obwohl es so offensichtlich ist. Hauptsache, man spricht nicht darüber und der (heterosexuelle) Schein bleibt gewahrt. Und auf diese Art kriegen auch die dumpfen, reaktionären und rechtsextremen Haider-Fans gar nicht mit, was da in der Partei an knisternder Homoerotik eigentlich (ab)läuft.

Solange aber FPÖ-Kreise behaupten, in Kärnten gebe es überhaupt keine Homosexuellen, solange die FPÖ die Menschenrechte von Lesben und Schwulen mit Füßen tritt, so lange werden wir jedenfalls Haiders homosexuelle Neigungen und die verklemmte Homoerotik in der FPÖ thematisieren (müssen).

Und ein Gedanke ist ja überhaupt der reizvollste von allen: daß ausgerechnet der krankhaft homophobe Schüssel Bundeskanzler von Gnaden eines Homosexuellen wäre! Das wäre wirklich der absolute und ultimative Treppenwitz der Geschichte. Einfach mega-camp, einfach Jörg!