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Vorbericht: Welt-AIDS-Konferenz 2010 in Wien

Veröffentlicht am 4. Mai 2010
Im Juli 2010 fand die 18. Welt-AIDS-Konferenz in Wien statt. Für die LN 2/2010 verfasste ich einen ausführlichen Vorbericht. Als Ko-Vorsitzender des Community Programme Committee gehörte ich dem Konferenzkoordinationsausschuss (CCC) an, wodurch auch mein (ehrenamtliches) Engagement im HIV/AIDS-Bereich, das ich eigentlich schon rund 15 Jahre zuvor beendet hatte, ungewollt wieder in einem ungeplanten Ausmaß auflebte.

Annie Lennox wird nach dem Menschenrechtsmarsch ein Konzert am Heldenplatz geben.

Ankündigungsflyer für den Menschenrechtsmarsch

Wie bereits berichtet (vgl. LN 5/2009, S. 16 f), wird die alle zwei Jahre stattfindende Welt-AIDS-Konferenz („AIDS2010“) heuer vom 18. bis 23. Juli in Wien durchgeführt. Rund 25.000 TeilnehmerInnen werden erwartet. Sie ist damit einer der größten medizinischen Kongresse der Welt. Eine der Besonderheiten, die sie von anderen derartigen Konferenzen unterscheidet, ist der Umstand, dass neben ÄrztInnen, ForscherInnen, WissenschaftlerInnen vieler Disziplinen, GesundheitspolitikerInnen und in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung Tätigen auch die sogenannte „Community“, also die von der Krankheit am stärksten betroffenen Gruppen, stark vertreten und dabei in die Vorbereitung des Konferenzprogramms stark eingebunden sind (siehe dazu später).

Da es bei HIV/AIDS nach wie vor sehr stark um Prävention geht, ist ein Teil des Kongresses, der in der Messe Wien beim Prater abgehalten wird, öffentlich für alle zugänglich. In diesem „Global Village“ sind es in erster Linie die NGOs, die Graswurzelinitiativen und Betroffenengruppen, die ihre Arbeit präsentieren, während die Pharmafirmen eher die Ausstellungsflächen des Konferenzzentrums dominieren. Interessierte WienerInnen – nicht zuletzt auch Homosexuelle und HIV-positive Menschen – sollten daher diese einmalige Gelegenheit nutzen, sich einen Überblick über Projekte und Kampagnen aus der ganzen Welt zur Bekämpfung von HIV/AIDS und dessen sozialen Folgen zu verschaffen, sich mit AktivistInnen aus fast 200 Staaten der Erde auszutauschen, sich einzulassen auf die globale Bewegung im Kampf gegen diese Krankheit – und dies, ohne die relativ hohe Tagungsgebühr entrichten zu müssen.

 

Freiwillige gesucht

Das in der HOSI Wien beheimatete NAMES Project Wien hat übrigens gemeinsam mit anderen Wiener HIV-Initiativen einen Beitrag fürs Global Village eingereicht und plant, im Rahmen dieses Projekts hergestellte Erinnerungstücher zu präsentieren.

Übrigens besteht auch die Möglichkeit, als freiwillige/r Helfer/in die Tagung zu unterstützen und auch über diese Schiene teilzunehmen und Teil dieser weltweiten Anstrengung zu werden und in Kontakt mit AktivistInnen aus aller Welt zu kommen. Wie gesagt, die Konferenz stellt in dieser Hinsicht eine einmalige Chance dar, die nicht wieder kommen wird. Die Anmeldung zur ehrenamtlichen Mitarbeit erfolgt über den Website www.aids2010.org.

 

Menschenrechtsmarsch und Annie-Lennox-Konzert

Eine weitere Möglichkeit, als „gewöhnliche/r Wiener/in“ Teil der XVIII. Welt-AIDS-Konferenz, die übrigens unter dem Motto „Rights Here, Right Now“ steht, zu sein und sich mit ihren Anliegen solidarisch zu zeigen, ist die Teilnahme am Menschenrechtsmarsch am Dienstag, den 20. Juli. Ab 18 Uhr werden sich – hoffentlich viele – tausende Menschen im Sigmund-Freud-Park bei der Universität versammeln, um dann zum Heldenplatz zu ziehen, wo – nach kurzen Ansprachen – die international gefeierte Sängerin, Songwriterin und AIDS-Aktivistin Annie Lennox auftreten wird. [Vgl. Presseaussendung der HOSI Wien vom 19. Juli 2010]

„In den letzten zehn Jahren wurde HIV und AIDS zu einem Problem, das Frauen und Kinder immer stärker betrifft“, erklärte Lennox anlässlich der Ankündigung ihres Wien-Konzerts am Heldenplatz. „In der Tat sind die mit AIDS verbundenen Erkrankungen weltweit die häufigste Todesursache bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter. Wir müssen uns der Tatsache bewusst werden, dass Frauen eine größere Last tragen als je zuvor. Die Regierungen müssen die Verantwortung dafür übernehmen und die Rechte ihrer BürgerInnen auf Bildung, Gesundheitsfürsorge und Behandlung schützen.“

Die Kundgebung wird als Teil der Kampagne „Menschenrechte und HIV/AIDS: Heute mehr denn je“ von einem globalen Zusammenschluss u. a. von Organisationen wie Annie Lennox’ The SING Campaign, der International AIDS Society (IAS), die die Welt-AIDS-Konferenz veranstaltet, dem Open Society Institute (OSI) sowie der AIDS-Hilfe Wien und der HOSI Wien getragen und veranstaltet, wobei es die HOSI Wien aufgrund ihrer Erfahrungen mit und ihrer Expertise durch die Regenbogenparade übernommen hat, sich um die Anmeldung, die praktische Organisation und Logistik der Kundgebung sowie des Bühnenaufbaus etc. am Heldenplatz zu kümmern.

Die erwähnte Kampagne geht auf eine gemeinsame Erklärung zurück, die ursprünglich von 25 führenden HIV/AIDS- und Menschenrechtsorganisationen für die Internationale AIDS-Konferenz 2006 verfasst wurde. Die Erklärung wird weltweit mittlerweile von mehr als 650 Einrichtungen unterstützt, unter anderem vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und dem gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS. Und natürlich hat auch die HOSI Wien mittlerweile ihre Unterschrift unter dieses Dokument gesetzt.

The SING Campaign von Annie Lennox hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geld zu sammeln, um u. a. die weitere HIV-Verbreitung in Südafrika durch niederschwellige Aufklärungsprogramme einzudämmen, und ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen, um durch Prävention die wirklich schlimme epidemiologische Situation in diesem Land zu verbessern.

Weitere Details über die Kundgebung und die globale Kampagne „Menschenrechte und HIV/AIDS: Heute mehr denn je“ finden sich auf den entsprechenden Websites.

 

Life-Ball im Zeichen von „AIDS2010“

Der Life-Ball wurde heuer von seinem angestammten Mai-Termin extra in den Sommer verlegt, um den festlichen Auftakt zur Welt-AIDS-Konferenz bilden zu können. Wobei aufgrund des Kongresses an diesem Abend bzw. in dieser Nacht des 17. Juli an den repräsentativsten Orten der Stadt gleich drei hochkarätige Benefizveranstaltungen für bedeutende AIDS-Fundraising-Organisationen stattfinden werden: ein Gala-Diner im Parlament zugunsten von amfAR – The Foundation for AIDS Research, der Red-Ribbon-Kotillon im Burgtheater zugunsten der Elton John AIDS Foundation und eben der traditionelle Life-Ball im Rathaus zugunsten der William J. Clinton Foundation. Gemeinsam setzen sie ein deutliches Zeichen für Toleranz und Solidarität und dürfen dabei auf die breite Unterstützung unterschiedlichster Persönlichkeiten zählen.

Die Benefiz-Nacht eröffnet um 18.30 Uhr mit der amfAR-Gala unter dem Ehrenschutz von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Ehrengast wird Whoopi Goldberg sein, die nach dem exklusiven Dinner mit rund 380 Gästen im Parlament auch im Rahmen der feierlichen Eröffnungszeremonie des Life-Balls am Rathausplatz eine wichtige Rolle spielen wird. Im Rahmen der Gala werden eigens angefertigte Unikate von renommierten, im Kampf gegen HIV/AIDS engagierten Unternehmen sowie Gegenstände bekannter Persönlichkeiten versteigert. Der Erlös kommt dem seit 2005 von GERY KESZLERs Verein AIDS LIFE unterstützten Projekt TREAT Asia zugute, einem Netzwerk medizinischer Einrichtungen zur Sicherstellung von HIV/AIDS-Behandlungen in Südostasien.

Ab 21 Uhr öffnet – heuer erstmals – das Burgtheater seine Pforten für den Ball der Bälle – bzw. für dessen Ableger, den Red-Ribbon-Kotillon. Dieser findet parallel zum Life-Ball statt und stellt vor allem eine willkommene Alternative für jene dar, die den Life-Ball unterstützen möchten, jedoch einen traditionellen Ball der schillernden Party im Rathaus vorziehen. Der Dress-Code ist hier strenger als im Rathaus vis-à-vis: Frack, Smoking oder langes Abendkleid, wobei sowohl den Damen als auch Herren bei der Robenwahl lediglich die Farben weiß, magenta, schwarz und rot erlaubt sind. Als Ehrengast wird David Furnish, Lebenspartner von Sir Elton John und Kurator der Elton John AIDS Foundation, erwartet. Mit dem Erlös unterstützen AIDS LIFE und die Elton John AIDS Foundation gemeinsame Projekte in der Ukraine.

Startschuss für den „herkömmlichen“ Life-Ball wird dann wie üblich um 22 Uhr am Rathausplatz sein, der ebenfalls wie immer für mehr als 40.000 BesucherInnen frei zugänglich sein wird. Die feierliche Eröffnung dieses mittlerweile 18. Life-Balls wird neben ausgefallenen Performances, engagierten Reden und emotionalen Momenten eine noch nie dagewesene Modeschau beinhalten. 2010 steht die Veranstaltung ganz im Zeichen des Elements Erde. Der Life-Ball will gemäß dem diesjährigen Motto seine Saat überall dort auf der Erde säen, wo sie besonders gebraucht wird. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der William J. Clinton Foundation ist es dem Verein AIDS LIFE möglich, heuer u. a. Projekte in Afrika und in der Karibik zu unterstützen. 
Als Vertreter seiner Stiftung und Ehrengast hat der frühere US-Präsident seine Teilnahme bereits zugesagt. Der engagierte Mitstreiter im Kampf gegen HIV/AIDS meinte in diesem Zusammenhang: „Der Life Ball ist eine der wichtigsten Veranstaltungen, um Bewusstsein zu schärfen und noch mehr Unterstützung im globalen Kampf gegen HIV/AIDS zu erhalten. Zu einem großen Teil ist der Erfolg des Life Ball dafür verantwortlich, dass die Clinton Health Access Initiative (CHAI) Millionen Menschen auf der ganzen Welt helfen kann, günstig lebenswichtige Medikamenten zu bekommen.“

 

Beteiligung der Community

Aber zurück zur Community. Auch in Österreich bereiten sich viele NGOs und Initiativen, die im Bereich HIV/AIDS tätig sind, auf die Konferenz vor. Viele von ihnen planen – ebenso wie internationale NGOs – eigene Parallelaktivitäten im Vorfeld oder während der Tagung. Um sich zu vernetzen und zu koordinieren, hat sich schon vor zwei Jahren das Community Forum Austria (CFA) gebildet, das sich seither regelmäßig in der AIDS-Hilfe Wien trifft. Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Aktivitäten war die Ausarbeitung eines gemeinsamen Forderungskatalogs, der sich an die zuständigen österreichischen Stellen richtet. Die HOSI Wien ist übrigens die einzige Lesben- und Schwulenorganisation, die im CFA vertreten ist und die auch dieses Memorandum unterzeichnet hat.

Aber das CFA ist nicht das einzige Gremium, das sich in Österreich mit den Vorbereitungen für die Tagung beschäftigt und an dem auch die HOSI Wien teilnimmt. Zusätzlich zum CFA gibt es mit dem LOK, dem Lokalen Organisationskomitee, noch eine lose Plattform zum Informationsaustausch, in dem neben der Österreichischen AIDS-Gesellschaft als Partnerin der IAS und weiteren NGOs auch andere Akteure, wie die Stadt Wien und das Gesundheitsministerium vertreten sind.

Für die HOSI Wien nimmt regelmäßig der Autor dieser Zeilen an den Sitzungen dieser Gremien teil. Da ich darüber hinaus vor einem Jahr zum Ko-Vorsitzenden des Community Programme Committee für die Welt-AIDS-Konferenz bestellt worden bin und in dieser Funktion auch dem Konferenzkoordinationsausschuss (CCC) angehöre, ist mein (ehrenamtliches) Engagement im HIV/AIDS-Bereich, das ich eigentlich schon vor rund 15 Jahren beendet hatte, ungewollt wieder in einem Ausmaß aufgelebt, das in der Form eigentlich nicht geplant war. Denn nicht nur aufgrund etlicher Sitzungen dieser beiden Komitees, zu denen die IAS nach Wien eingeladen hatte – oder ob „Joint Programme Committee“ oder „Marathon Meeting“ – zwecks Vorbereitung des Konferenzprogramms, hat sich die Sache im letzten Jahr dann ziemlich ausgewachsen: Der umfangreiche Arbeits- und Zeitaufwand lässt auch zwischen diesen Treffen nicht nach, denn vieles muss per E-Mail und in zahlreichen Telefonkonferenzen vorbereitet und entschieden werden. Das fünftägige Konferenzprogramm ist ja beachtlich.

Meine Schwachstelle ist ja immer gewesen, nicht „Nein“ sagen zu können. Und so „landete“ ich zudem noch in der Jury, die die 25 Gewinnerprojekte des internationalen Red-Ribbon-Award ausgewählt hat, sowie im Scholarship Review Committee, das 300 Anträge auf Konferenzstipendien überprüft hat, die im Prinzip vom Computer aufgrund automatischer Punktevergabe ausgewählt worden sind. Aber es ist schon eine faszinierende Erfahrung.

Und so steht zu hoffen, dass Wien sich als tolle Gastgeberin erweisen wird und auch viele Initiativen und Betroffene in der Tat diese Gelegenheit ergreifen werden, um sich mit den TeilnehmerInnen aus aller Welt zu vernetzen und auszutauschen.

 

Nachträgliche Anmerkung:

Einen ausführlichen Konferenzbericht verfasste ich in der LN-Ausgabe 3/2010, S. 28 ff.