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Schutz vor Diskriminierung – Erfolg bei der UNO

Veröffentlicht am 9. November 2007
Im Oktober bekam die HOSI Wien für ihre Forderung nach einem Levelling-up im Gleichbehandlungsrecht Unterstützung durch den UNO-Ausschuss für Menschenrechte in Genf. In seinen nicht bindenden Empfehlungen kritisierte er den unterschiedlichen gesetzlichen Diskriminierungsschutz in Österreich. Es sollte nicht die einzige Kritik bleiben. Die EU-Kommission kündigte indes neue Initiativen zur Angleichung des Schutzniveaus an, wie ich ebenfalls in den LN 6/2007 berichtete.

Wie berichtet (LN 2/2007, S. 12 f), hat die HOSI Wien im Februar 2007 dem UNO-Menschenrechtsausschuss ihren Alternativbericht zur Lage der Menschenrechte von Lesben und Schwulen in Österreich übermittelt [Anm.: Alle Dokumente hier abrufbar – „4th Periodic Cycle“ anklicken; vgl. auch Aussendung der HOSI Wien vom 21. Februar 2007]. Österreich war heuer zum vierten Mal an der Reihe, dem Ausschuss über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte Bericht zu erstatten. Dazu sind alle Staaten gemäß Artikel 40 des UNO-Pakts über bürgerliche und politische Rechte regelmäßig verpflichtet – sofern sie diese Konvention unterzeichnet haben. Eine solche Überprüfung geschieht zirka alle zehn Jahre.

Einer von fünf Kritikpunkten der HOSI Wien betraf das unterschiedliche Niveau beim Schutz vor Diskriminierung. Dieses war durch die Minimalumsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien (# 43 und 78 aus 2000) durch Österreich im Jahr 2004 geschaffen worden. Ein rechtlicher Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung besteht derzeit nur in Beschäftigung und Beruf – im Gegensatz zur Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und Behinderung. Für diese Gründe besteht ein Diskriminierungsverbot auch in Bereichen wie Zugang zu Waren und Dienstleistungen, Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen sowie Bildung.

Eine solche Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung ist nicht nur verfassungswidrig, sondern eine klare Verletzung des Artikels 26 der UNO-Menschenrechtskonvention, der wie folgt lautet:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. In dieser Hinsicht hat das Gesetz jede Diskriminierung zu verbieten und allen Menschen gegen jede Diskriminierung, wie insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status, gleichen und wirksamen Schutz zu gewährleisten.

Am 19. Oktober 2007 waren Vertreter der Republik Österreich vor den UNO-Ausschuss in Genf geladen, um den 18 ExpertInnen dieses Gremiums Rede und Antwort zu stehen. Ende Oktober hat der Ausschuss, dessen Entscheidungen allerdings nicht bindend sind, seine „Abschließenden Bemerkungen“ veröffentlicht [vgl. auch Aussendung der HOSI Wien vom 5. November 2007]. Unter der Randnummer 8 kritisiert er genau besagte Hierarchie:

Der Ausschuss … stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts weniger umfassend ist [als aufgrund von ethnischer Herkunft und einer Behinderung] und dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Alter, Religion und sexueller Orientierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz lediglich auf „Beschäftigung und Beruf“ beschränkt ist. Der Ausschuss ist auch darüber besorgt, dass sich eine derartige Hierarchisierung von Diskriminierungsgründen ebenfalls in Landesgesetzen findet… (Übersetzung durch den Autor dieser Zeilen).

Der Ausschuss empfiehlt Österreich daher, die bestehenden Gesetze dahingehend zu novellieren, dass der Diskriminierungsschutz für alle verbotenen Gründe auf dem höchsten Niveau angeglichen wird.

 

Neue EU-Initiativen

Gelegenheit, die Gesetze entsprechend zu novellieren, gebe es schon demnächst. Bis zum 21. Dezember 2007 muss auch Österreich die EU-Richtlinie 2004/113/EG „zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen“ in nationales Recht umsetzen (vgl. LN 3/2007, S. 10 f, und LN 2/2007, S. 10). Leider beschränkt sich der vor kurzem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit diesbezüglich vorgelegte Gesetzesentwurf einmal mehr bloß auf eine Minimalumsetzung der Vorgaben aus Brüssel – anstatt die Gelegenheit zu nützen, ein einheitliches Schutzniveau für alle Gründe zu schaffen.

Die HOSI Wien wird in ihrer Stellungnahme im Rahmen der Begutachtung jedenfalls die Ausweitung des gesetzlichen Schutzes auf alle Bereiche aus Gründen der sexuellen Orientierung einfordern. Die „Verurteilung“ Österreichs durch den UNO-Ausschuss in genau diesem Punkt liefert uns zusätzliche Munition, die im übrigen durchaus auch auf europäischer Ebene eingesetzt werden kann, wo aber ohnehin bereits neue Initiativen geplant sind.

Bei der Veranstaltung „Europäisches Parlament der Chancengleichheit für alle“ im Brüsseler EP-Gebäude am 11. und 12. Oktober 2007, bei dem der Autor dieser Zeilen die HOSI Wien vertrat, informierte Vladimír Špidla, EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, dass die EU-Kommission in ihrer jährlichen Strategieplanung für 2008 angekündigt hat, neue Initiativen vorzuschlagen, mit denen das Schutzniveau für alle Diskriminierungsgründe angeglichen werden soll. Allerdings müssen neue Maßnahmen im Rat von allen 27 Mitgliedsstaaten einstimmig verabschiedet werden (vgl. dazu Bericht auf S. 28).

Der europäische Lesben- und Schwulenverband ILGA-Europa hat übrigens zu diesem Zweck einen Richtlinienvorschlag fertig ausformuliert und zur Untermauerung seiner Forderung auch entsprechende Diskriminierungsfälle gesammelt. Die HOSI Wien steuerte zu diesem Bericht einen Fall bei, der ihr vor drei Jahren selbst passierte: Damals wollte sie für das Fahrplanjahr 2004/05 die Namenspatronanz über zwei ÖBB-Eilzüge erwerben. Diese sollten ein Jahr unter dem Namen „Homosexuelle Initiative“ unterwegs sein – was die ÖBB aber schließlich ablehnten (vgl. LN 1/2005, S. 14).