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Lon Williams obsiegt vor dem VwGH

Veröffentlicht am 7. September 2006
Der US-Staatsbürger Lon Williams, dem die österreichischen Behörden EU-rechtswidrig keine Niederlassungsbewilligung erteilten, weil sie seine mit einem Deutschen in den Niederlanden geschlossene Ehe nicht anerkannten, hat vor dem Verwaltungsgericht recht bekommen. Für das Paar kam die Entscheidung jedoch zu spät: Lons Ehemann konnte den angestrebten Posten in Wien nicht antreten. Ich berichtete über den Ausgang des Verfahrens in den LN 5/2006.

LON WILLIAMS

Im Herbst vor zwei Jahren löste der „Fall“ des US-Staatsbürgers LON WILLIAMS großes Medieninteresse aus: Die österreichischen Behörden hatten sich geweigert, seine in den Niederlanden mit einem Deutschen geschlossene Ehe anzuerkennen und ihm als Ehegatten eines EU-Bürgers eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung zu erteilen. Sein deutscher Ehegatte Thomas konnte daraufhin die ihm bei einer internationalen Organisation in Wien angebotene Stelle nicht annehmen, weil der Familiennachzug des Ehegatten nicht möglich war. Durch die Vorgangsweise der Behörde wurde auch Thomas’ Recht als EU-Bürger, sich überall in der EU niederzulassen, verletzt.

Williams – unterstützt vom Wiener Rechtsanwalt Hubert Wagner und der HOSI Wien – bekämpfte den negativen Bescheid der Behörde – der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich – beim Verfassungsgerichtshof. Dieser stellte jedoch in einer skandalösen Entscheidung im Oktober 2004 keinerlei Verfassungswidrigkeit fest und weigerte sich völlig EU-rechtswidrig, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg zur sogenannten Vorabentscheidung vorzulegen, immerhin handelte es sich um eine Frage der richtigen Anwendung von EU-Recht, nämlich der EU-Verordnung 1612/68, die das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU geregelt hat (vgl. LN 1/2005, S. 11 ff sowie Aussendung vom 15. Oktober 2004). Allerdings trat der VfGH die Sache dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Entscheidung ab.

 

VwGH hebt Bescheid auf

Der VwGH hat nun am 22. Juni 2006 in seinem ein Monat später veröffentlichten Erkenntnis (Zl. 2004/21/0259) den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Republik Österreich dazu verurteilt, Lon Williams die Verfahrenskosten zu ersetzen. Die Aufhebung des Bescheids erfolgte aus formalen Gründen: Die belangte Behörde, die sich für nicht zuständig erklärte, hätte – da der Beschwerdeführer auf einer schriftlichen Entscheidung bestand – den Antrag nicht einfach wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückweisen dürfen, sondern an die zuständige Behörde zur Behandlung weiterleiten müssen.

Der VwGH befasste sich ausdrücklich nicht mit der inhaltlichen Frage, ob der Begriff „Ehegatte“ in der zum Zeitpunkt der Antragstellung gültigen Fassung der EU-Verordnung auch gleichgeschlechtliche EhegattInnen umfasste, „zumal das bejahendenfalls auch zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides geführt hätte“, sich also an der Entscheidung des VwGH ohnehin nichts geändert hätte. Ein diesbezüglicher Spruch hätte – wie auch der VwGH andeutete – nur mehr historischen Wert gehabt, denn sowohl das EU- als auch das österreichische Recht haben sich auf diesem Gebiet mittlerweile weiterentwickelt: Das österreichische Fremdengesetz wurde durch das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) 2005 ersetzt (vgl. LN 4/2005, S. 18 f), die EU-Verordnung durch die neue EU-Freizügigkeitsrichtlinie 38/2004, die am 30. April 2006 Gültigkeit erlangte, geändert (vgl. LN 4/2006, S. 30).

Sicherheitshalber hatte die HOSI Wien aber gleich am 2. Jänner 2006, als das NAG in Kraft trat, dem VwGH eine Eingabe übermittelt, in dem sie schlüssig durchargumentierte, dass der Ehegatten-Begriff sowohl in der alten EU-Verordnung als auch in der neuen Richtlinie gleichgeschlechtliche EhegattInnen miteinschließe. Diese Eingabe der HOSI Wien sowie das Erkenntnis des VwGH sind im vollen Wortlaut auf dem Website der HOSI Wien nachzulesen (Aussendung vom 31. August 2006). .

 

Neuer Fall

Der Ausgang einer Überprüfung der alten EU-Verordnung in Luxemburg wäre unsicher gewesen. Mit der neuen Richtlinie ist die Definition des Ehegatten-Begriffs indes wesentlich eindeutiger geworden. Aber vielleicht wird ja eine Überprüfung durch Luxemburg ohnehin nie nötig. Denn in einem neuen Fall, den die HOSI Wien zur Zeit betreut, haben sowohl die politische als auch die Verwaltungsebene (MA 20) in Wien bereits signalisiert, eine im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen zu wollen. Konkret geht es um ein österreichisch-australisches Paar, das ebenfalls in den Niederlanden geheiratet hat. Der australische Ehemann des Österreichers möchte, sobald alle formalen Voraussetzungen wie regelmäßiges Einkommen etc. erfüllt sind, um Niederlassungsbewilligung in Österreich ansuchen.