Erste Bank – Pseudo-inklusives Gendern
In Fortsetzung meiner bisherigen Aufsätze zum sprachlichen „Gendern“ (siehe zuletzt meinen Blog-Beitrag vom 10. März 2024) plane ich, mich in nächster Zeit in einer losen Serie den konkreten Fehlleistungen und Auswüchsen dieses Phänomens zu widmen. Die Texte in den Medien oder auf den Websites von Parteien, Firmen und öffentlichen Einrichtungen stellen dafür eine unerschöpfliche Quelle dar. Es ist immer wieder erstaunlich, wie selbst wichtige Institutionen und große Konzerne an der korrekten Umsetzung geschlechter- bzw. gendergerechter Sprache grandios scheitern bzw. ihre eigenen Grundsätze dabei über den Haufen werfen.
Wobei: Es gibt jene, die offenkundig bloß inkompetent und überfordert sind, und jene, die die Grammatik und Sprachlogik aus ideologischen Gründen bewusst ignorieren. Zu letzterer Kategorie gehört die Erste Bank Oesterreich, bei der offenbar eine besonders sektiererische Diversity-Abteilung herumfuhrwerkt, die ohne Rücksicht auf Verluste ihr dogmatisches Sprachregime, nämlich die konsequente Ausmerzung der männlichen Form, implementiert. Ihren Niederschlag finden diese „Bemühungen“ sowohl in den Texten von Broschüren als auch in der Mitarbeiter-Präsentation, etwa im Rahmen von George, der App, mit der die Bankkunden ihre Bankgeschäfte online erledigen können.
Mitunter erweisen sich diese zwanghaften Bemühungen, die männlichen Formen strikt zu vermeiden, als unfreiwillig komisch: wenn etwa offenkundig männliche Mitarbeiter „persönliche Beratung durch eine erfahrene Expert:in“ anbieten (siehe Illustration/Screenshots rechts). Daran erkennt man, dass es sich bei diesen – systematisch benutzten – Formulierungen um ein rein ideologisch motiviertes Statement handelt. Denn es kann ja keine technische Hexerei sein, an dieser Stelle den Text entsprechend zu individualisieren und geschlechtergerecht anzupassen. Es ist offensichtlich, dass es hier weder um Anerkennung von Vielfalt noch um inklusive geschlechtergerechte Formulierungen geht, sondern um eine bestimmte ideologische Agenda.
Gequeerlte Scheiße
Und in Broschürentexten, etwa in den allgemeinen Informationen über die Kreditkarte der Erste Bank, stehen dann Sätze wie diese:
Für die Reisestornoversicherung muss die Karte zumindest 30 Tage vor Eintritt des Versicherungsfalls von der Karteninhaber:in bestellt worden sein. (…)
Die mit der versicherten Karteninhaber:in im gemeinsamen Haushalt lebende Ehepartner:in, eingetragene Partner:in/Lebensgefährt:in und deren minderjährige Kinder sind auf gemeinsamer Reise mit der Karteninhaber:in versichert. Usw.
Ich habe mir den „Spaß“ erlaubt, mich in dieser Sache an den Vorstand der Erste Bank zu wenden, der sich aus folgenden vier Personen zusammensetzt: Stefan Dörfler, Alexandra Habeler-Drabek, Gerda Holzinger-Burgstaller und Hans Unterdorfer. In meinem Schreiben zeigte ich mich ziemlich verwundert über diese vorgeblich „gendergerechte“ Sprache und gestattete mir die Frage nach dem Verbleib der männlichen Form.
Der Vorstand fand es indes nicht der Mühe wert, mir zu antworten, sondern übergab die Sache dem Ombudsmann der Bank – ja, man staunt: Er darf sich immer noch offiziell als Ombudsmann bezeichnen. Hier hat die Diversity-Abteilung offenbar etwas übersehen und noch nicht gewütet. Wobei: Bei diesem Ombudsmann handelt es sich, um es in den Worten der zeitgenössischen Gender-Schwurbler auszudrücken, um ein Salzamt gefangen im Körper eines Hampelmanns bzw. – um es geschlechtsneutraler auszudrücken – einer Witzfigur, denn die Antworten sind in der Tat ein Witz.
Es/Er/Sie verteidigte und rechtfertigte – offensichtlich in Rücksprache und im Auftrag der zuständigen Abteilung – zwar wortreich das Gendern mit Sonderzeichen – Wir werden auch in Zukunft mit Doppelpunkt gendern, um inklusiv zu kommunizieren, da es uns ein ernsthaftes Anliegen ist, Sprache für alle Geschlechtsidentitäten inklusiv zu gestalten –, ging aber überhaupt nicht auf die fehlende männliche Form in den inkriminierten Passagen ein. Meine Nachfrage, wo denn genau dabei die Geschlechtsidentität „männlich“ konkret angesprochen bzw. „inklusiv kommuniziert“ werde, blieb unbeantwortet. Berücksichtigung von Diversität sieht jedenfalls anders aus.
Ich könnte es ja akzeptieren, wenn die Erste Bank sich offen dazu bekennte: ja, die männliche Form hat bis heute dominiert, zum Ausgleich eliminieren wir sie ab jetzt. Aber faktenwidrig zu behaupten, man kommuniziere inklusiv und schließe alle Geschlechtsidentitäten mit ein – bei gleichzeitigem Weglassen der männlichen grammatischen Formen –; nein, das geht gar nicht. Dafür habe ich schon früher den Terminus „gequeerlte Scheiße“ geprägt. Das ist Verarsche und versuchtes Gaslighting am Kunden.
Grundsätzlich stellt sich dennoch die Frage, wie gut es einem Großkonzern ansteht, sich als woke Speerspitze für ein fragwürdiges Unterfangen – die Ausmerzung der männlichen Grammatikformen bei personenbezogenen Wörtern – zu gerieren, auch wenn es unter dem Deckmantel „Diversity“ geschieht (die aber eben genau nicht gegeben ist).
Ich finde es jedenfalls eher peinlich für ein Unternehmen, einen derartigen Sprach-Trash und Stuss abzuliefern und sich dabei auch noch gut vorzukommen – reines „virtue signalling“, also leicht durchschaubares Zurschaustellen vermeintlicher politischer Korrektheit. Wobei die fanatischen Eiferer in der Diversity-Abteilung es sicherlich ernst meinen. Insgesamt lächerlich, primitiv und eigentlich zum Fremdschämen.
Leider habe ich seit Jahrzehnten mein Konto bei dieser Bank. Das geht jetzt nicht mehr. Meine Selbstachtung gebietet es, die Bank zu wechseln, was ich demnächst tun werde.
Meine Frage an die Leserschaft: Kennt Ihr eine Bank, die nicht oder zumindest sprachlich korrekt gendert, also nicht diese pseudo-inklusive und pseudo-geschlechtergerechte Variante anwendet, bei der die männlichen Formen einfach unter den Tisch fallen? Für zweckdienliche Hinweise bin ich sehr dankbar.