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Heuchler allerorten

Erschienen am 21. Februar 2014

Die Dynamik der letzten Monate hat einmal mehr gezeigt: Nichts eignet sich besser, die wahre Gesinnung von Menschen (und Regierungen) bloßzulegen, als die Frage nach Achtung der Menschenrechte im allgemeinen und von LSBT-Personen im besonderen. Ein echter Lackmustest, den leider viele nicht bestanden haben.

Was für eine entlarvende und peinliche Parade der Beschwichtigungshofräte! Es verursachte einem fast körperliche Schmerzen, mit ansehen und anhören zu müssen, wie sich da die saturierten Herren des Österreichischen Olympischen Comités, die intelligenzfreien profitgesteuerten (Ex-)Sportfunktionäre und aus der politischen Versenkung wieder ins Scheinwerferlicht der TV-Studios gezerrte Altpolitiker bemühten, Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit mit lächerlichen und dummen Ausreden, Beschönigungen und Appellen um Verständnis für die spezielle Lage Russlands zu relativieren.

Merken diese Leute nicht, welchen schlechten Dienst sie einer stolzen Nation wie Russland erweisen, wenn sie – auf ziemlich arrogante Art – dem Land von vornherein quasi den Status der Unzurechnungsfähigkeit zubilligen? Nach dem Motto: Diese rückständige demokratieunerfahrene Nation läuft in Sachen Menschenrechte außer Konkurrenz, an sie kann man doch um Gottes willen nicht unsere hohen rechtsstaatlichen Maßstäbe anlegen! Da werden sich die Russen aber schön bedanken!

Tröstlich indes, dass diese Figuren ohne großes Zutun der LSBT-Bewegung postwendend ihr massenmediales Fett abbekamen. Ob Peter Mennel oder Karl Stoss vom ÖOC, ob Peter Schröcksnadel oder Karl Schranz, ob Erhard Busek oder Gerhard „Putin ist ein lupenreiner Demokrat“ Schröder – sie alle wurden wegen ihrer Haltungen und/oder Äußerungen in den Medien vorgeführt und durch den Kakao gezogen. Recht geschieht ihnen!

 

Verlogene Politik

Überhaupt hat ja die Politik auch bei uns ein ziemliches Glaubwürdigkeitsproblem, weshalb Steinwürfe auf andere Glashäuser heuchlerisch wären. Den Vogel schoss da jüngst die deutsche Regierung ab. Offensichtlich um gute Stimmung für Sotschi zu machen, hatte Wladimir Putin Ende Dezember zwei Pussy-Riot- und alle Greenpeace-AktivistInnen sowie den russischen Oligarchen Michail Chodorkowski freigelassen. Letzterer, der ja seine Milliarden eher durch kriminelle Machenschaften als durch ehrliche Arbeit erworben hat und wohl nicht ganz unschuldig im Gefängnis saß, wurde sofort mit allen Ehren von Deutschland aufgenommen, während die deutsche Regierung einen unwürdigen Eiertanz um ein mögliches Asyl für Edward Snowden aufgeführt hat! Geht’s noch?

Und Österreich hat sich ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert, als sich etwa der Ende Jänner zurückgetretene ukrainische Premier Mykola Asarow nach Wien absetzte. Mit seiner dummdreisten Lüge noch zu Amtszeiten, seine Regierung sei deswegen nicht bereit gewesen, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben, weil diese u. a. auf der Forderung bestanden habe, die Ukraine müsse die gleichgeschlechtliche Ehe einführen, hat er zwar die homophoben Stimmungen in der Ukraine befeuert, aber das allein wäre natürlich kein Grund, ihn nicht ins Land zu lassen. Dass aber Österreich nicht bereit ist, die dem ukrainischen Volk geraubten Millionen an Blutgeld, das der Asarow-Clan und andere ukrainische Oligarchen nach Wien geschafft haben und das hier gewaschen wird, zumindest einmal vorsorglich einzufrieren, ist mehr als skandalös.

Und einmal mehr ist es bezeichnend, dass genau jene Leute, die die Menschenrechte anderer permanent mit Füßen treten, sie dann im Fall des Falles selber als erste in Anspruch nehmen. Heuchler, wohin man schaut.

 

Que(e)rschuss LN 1/2014