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Vorsicht, eingetragene Partnerschaft!

Erschienen am 10. Oktober 2009

Tja, offenbar wird es jetzt doch bald ernst mit der eingetragenen Partnerschaft (EP). Leider hat die HOSI Wien die Politik nicht davon überzeugen können, für die EP ein komplett neues, nämlich modernes Trennungsrecht zu schaffen. Zwar haben wir erreicht, dass – bei Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft – die Auflösung der EP maximal drei Jahre durch eine/n Partner/in blockiert werden kann (statt bis zu sechs Jahre wie bei der Ehe), aber wir müssen uns mit dem Wermutstropfen abfinden, dass für die EP das strengste Scheidungsrecht Europas gelten wird. Österreich ist ja eines der ganz wenigen Länder Europas, in denen es noch eine Scheidung aus Verschulden gibt. Das heißt, eingetragene PartnerInnen werden nicht davor gefeit sein, in Rosenkriege und gerichtliche Scheidungsverfahren unter heftigem Schmutzwäschewaschen und mit richterlichen Schuldaussprüchen verwickelt zu werden, wenn der/die Partner/in es darauf anlegt.

Die Übernahme dieser anachronistischen Scheidungsbestimmungen auf die EP ist indes weder notwendig noch sinnvoll, zumal für die EP sowohl Adoption als auch medizinisch unterstützte Fortpflanzung ohnehin nicht vorgesehen sind. Und die auch bei Heterosexuellen immer mehr aus der Mode kommende Versorgungsehe wollen wir ohnehin von vornherein nicht für gleichgeschlechtliche Beziehungen propagieren.

 

Schikane

Aber es hat wahrscheinlich einen simplen Grund, warum die ÖVP darauf besteht, uns diese strengen Trennungsbestimmungen aufs Auge zu drücken: Jene in der ÖVP – und das ist wohl die Mehrheit –, die eigentlich die EP für gleichgeschlechtliche Paare gar nicht wollen, wissen natürlich genau, dass diese Bestimmungen viele abschrecken werden. Es hat ja auch einen Grund, warum viele verschiedengeschlechtliche Paare es heutzutage vorziehen, unverheiratet zusammenzuleben. Wer halbwegs bei Trost ist, wird jedenfalls unter diesen Voraussetzungen keine EP eingehen. Da muss es schon sehr triftige Gründe dafür geben, derartige Scheidungsbestimmungen in Kauf zu nehmen. Etwa, wenn man mit einem/einer Partner/in aus einem Drittstaat in Österreich zusammenleben will.

Jeder und jede sollte sich die Sache daher wirklich gründlich überlegen. Romantische Vorstellungen oder Minderwertigkeitskomplexe gegenüber den Heteros sind da sicherlich schlechte Ratgeber. Das allgegenwärtige heterosexuelle Scheidungselend sollte und muss uns eine Warnung sein!

Hintergedanke der ÖVP ist weiters – da wette ich schon heute darauf –, die unter solchen Umständen zu erwartende niedrige Zahl an EP-Schließungen als Argument gegen weitere rechtliche Angleichungen an die Ehe, etwa im Adoptions- und medizinischen Fortpflanzungsrecht, ins Treffen führen zu können.

 

Gräuelpropaganda

Leider hat die ÖVP bei dieser verwerflichen Strategie Schützenhilfe aus Teilen der Schwulen- und Lesbenbewegung bekommen. Da versucht man etwa, den konservativen Kräften in der ÖVP einzureden, die EP müsse möglichst nahe an der Ehe sein, damit die Heteros die EP aus Gleichheitsgründen nicht beim Verfassungsgerichtshof erfolgreich einklagen können (eine solche „Ehe light“ für Heteros ist offenbar eine Horrorvorstellung in manchen ÖVP-Kreisen). Abgesehen davon, dass nichts Schlimmeres passieren soll, als dass es irgendwann in zehn Jahren die EP womöglich auch für Heteros geben könnte, ist diese Argumentation abstruse Gräuelpropaganda, die bei der ÖVP – absichtlich – auf fruchtbaren Boden fällt.

Gäbe es tatsächlich ein verfassungsrechtliches Gleichheitsproblem damit, dass die EP als eine Lightversion von Ehe nur für Homosexuelle gilt, dann müsste es im Umkehrschluss dasselbe Gleichheitsproblem damit geben, dass die Ehe nur für Heteros gilt. Diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof indes bereits im Februar 2004 in der Beschwerde von Horst Schalk und seinem Partner entschieden: Die Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare stellt keine Verfassungswidrigkeit dar (vgl. LN 2/2004, LN-Special, S. XIII f). Warum sollte daher die Beschränkung der EP auf gleichgeschlechtliche Paare plötzlich verfassungswidrig sein? Weil Heteros etwas Besseres sind als Homos? Übrigens hat es noch in keinem Land, in dem die EP auf homosexuelle Paare beschränkt ist, eine höchstgerichtliche Entscheidung gegeben, dass eine solche Einschränkung verfassungswidrig sei. Im Gegenteil: In jenen Ländern, wo sich die Verfassungsgerichtshöfe mit solchen Fragen befasst haben, nämlich in Ungarn und Portugal, haben diese sogar ausdrücklich betont, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen die Ehe eben auf Heteros und die EP auf Homos beschränkt sein muss.

Manche träumen offenbar auch davon, dass die nun nicht gewährten Rechte (Adoption, Zugang zur Fortpflanzungsmedizin) umso leichter beim VfGH einzuklagen wären, umso ähnlicher die EP schon jetzt der Ehe ist. Doch das ist reine Spekulation bzw. Illusion, für die es sich nicht dafürsteht, diese strengen und anachronistischen Scheidungsbestimmungen in Kauf zu nehmen. Hier beißt sich jedenfalls die Katze argumentativ in den Schwanz: Da EP und Ehe in diesen Punkten eben unterschiedlich sind, müssen sie nicht gleichbehandelt werden. Natürlich kann der VfGH seine Entscheidung aus 2004 revidieren, aber dann wird er es aus grundsätzlichen Erwägungen tun und nicht deshalb, weil Ehe und EP eh schon fast ident sind!

 

Que(e)rschuss LN 5/2009

Nachträgliche Anmerkungen

Es ist in der Tat nichts Schlimmeres passiert: Nicht irgendwann in zehn Jahren, sondern fast genau zehn Jahre später – per 1. Jänner 2019 – wurde die eingetragene Partnerschaft auch für Heteros möglich. Geradezu prophetisch meine damalige, eher nonchalant dahingesagte Mutmaßung.

Und diese Öffnung der EP für Heterosexuelle erfolgte nicht aufgrund einer entsprechenden Klage eines heterosexuellen Paares – womit ich ebenfalls mit meiner Einschätzung richtig lag. Es gab zwar ein solches Musterverfahren, das bis nach Straßburg durchgekämpft wurde (Beschwerde Ratzenböck & Seydl gegen Österreich, Nr. 28475/12), aber auch der EGMR sah keine Menschenrechtsverletzung darin, dass sich ein verschiedengeschlechtliches Paar mit der Ehe begnügen musste und keine EP eingehen konnte (vgl. LN 5/2017, S. 15 f).

Und auch mit meiner Vermutung, dass der VfGH, sollte er seine Entscheidung aus 2003/2004 in der Beschwerde Schalk & Kopf revidieren, dies nicht deshalb tun würde, weil Ehe und EP ohnehin schon fast ident sind, sollte ich recht behalten: In seinem Erkenntnis vom Dezember 2017 war das Hauptargument des VfGH für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare (und die Öffnung der EP für verschiedengeschlechtliche) vielmehr folgendes:

„Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt damit gegen das Verbot des Gleichheitsgrundsatzes, Menschen auf Grund personaler Merkmale wie hier der sexuellen Orientierung zu diskriminieren.“ (Randnummer 2.6.). Vgl. LN 1/2018, S. 10 f.