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NS-Entschädigung: Bis heute kein Rechtsanspruch

Veröffentlicht am 14. Juni 2001
In diesem ausführlichen Beitrag für die LN-Sonderausgabe zur Ausstellung „Aus dem Leben" (Juni 2001) zeichnete ich detailliert den zwei Jahrzehnte währenden Kampf der HOSI Wien um die Anerkennung der homosexuellen NS-Opfer nach. Die „restliche" Geschichte bis zum letztlich erfolgreichen Ende dieses Kampfes im Juli 2005 findet sich in der Sektion „Rehabilitierung und Entschädigung“ auf dieser Website. Wer sich fragt, warum ich die ÖVP gar so hasse, findet hier eine der Antworten.

Gedenkstein in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

6. Mai 1990: große Jubiläumsfeier in Mauthausen zum 45. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers

Fast 20 Jahre lang hat die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien versucht, für die wegen ihrer sexuellen Orientierung vom Nazi-Regime Verfolgten Wiedergutmachung bzw. Entschädigung durch die Republik Österreich im Rahmen des Opferfürsorgegesetzes zu erwirken. Sie scheiterte am hinhaltenden Widerstand der PolitikerInnen aller drei großen Parteien. Erst seit einigen Jahren ist auch die SPÖ bereit, diese Forderung zu unterstützen. Mit ihrer Mehrheit im Nationalrat blockieren  jedoch FPÖ und ÖVP bis heute diesbezügliche gesetzliche Regelungen – der jüngste Antrag auf entsprechende Ausweitung des Opferfürsorgegesetzes stand am 1. Juni 2001 im Sozialausschuß auf der Tagesordnung und wurde vertagt.

Schon kurz nach ihrer Gründung 1979 nahm sich die HOSI Wien dieses Themas an. Erstmals wurde sie 1982 mit einem Rosa-Winkel-Häftling konfrontiert.1 Alfred Dubsky wandte sich uns, nachdem er seinen Pensionsbescheid erhalten hatte und feststellen mußte, daß ihm seine Zeit in KZ-Haft nicht als Ersatzzeiten auf seine Pensionsbeitragszeiten angerechnet worden waren. Gemäß § 228 Abs 1 Zi 4 ASVG sind Ersatzzeiten Zeiten, in denen man keine Pensionsversicherungsbeiträge einbezahlt hat, die aber trotzdem als Versicherungszeiten eingerechnet werden.

Dubsky war 1941 von einem Grazer Gericht zu zwei Jahren Gefängnis nach § 129 I b verurteilt worden. Nach diesen zwei Jahren, die er im Gefängnis verbüßte, wurde er jedoch nicht entlassen, sondern in ein Arbeitslager in einem bayrischen Steinbruch überstellt. Dies war aufgrund von § 1 Abs 1 und 2 der Nazi-Verordnung vom 11. Juni 1940 (RGBl. Nr. I S. 877) über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen wegen einer während des Kriegszustandes begangenen Tat möglich. Dieser Verordnung zufolge gilt die Haftzeit, die man während des Kriegszustandes abgesessen hat, nicht als Vollzugszeit. Das bedeutete, daß die Häftlinge in Haft auf den Frieden hätten warten müssen, um mit dem Absitzen ihrer eigentlichen Haftstrafe beginnen zu können. Hintergrund dafür war die Abschreckung: Das Regime wollte verhindern, daß sich Leute durch kriminelle Handlungen dem Einsatz an der Kriegsfront entziehen.

Dubsky überlebte das Lager und wurde nach der Befreiung im Mai 1945 entlassen. Insgesamt verbrachte er 51 Monate in Nazi-Gefangenschaft, 27 Monate länger als das Grazer Gerichtsurteil vorgesehen hatte. Um Entschädigung nach dem Opferfürsorgegesetz (OFG) hatte er übrigens nie angesucht. Von Dubsky um Aufklärung über den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt gebeten, erklärte das Sozialministerium, der Bescheid sei korrekt. Bei Dubskys Freiheitsbeschränkung handle es sich um eine aufgrund einer Tat, die auch nach österreichischen Gesetzen zum Zeitpunkt der Begehung strafbar war bzw. gewesen wäre. Deshalb könne dieser Zeitraum nicht als Ersatzzeit berücksichtigt werden. Hinsichtlich der zusätzlichen 27 Monate erklärte das Sozialministerium, daß diese Zeit zwar nicht als Strafhaft zu werten sei, trotz Anwendung der Nazi-Verordnung vom 11. Juni 1940 „aber dennoch als eine Zeit der Freiheitsbeschränkung anzusehen ist, die auf einen Straftatbestand beruht, der auch nach der österreichischen Rechtsordnung im Zeitpunkt der Begehung strafbar gewesen wäre“.

Das Sozialministerium scheute sich also nicht im geringsten, auf zynische Weise eine Nazi-Verordnung als Grundlage ihrer Entscheidung heranzuziehen. Schon damals wurde die Argumentationslinie des Sozialministeriums, die sich auch die nächsten 20 Jahre nicht ändern sollte, klar: Das Verbot der Homosexualität bestand in Österreich auch vor und nach dem Anschluß, war also kein „typisch nationalsozialistisches“ Recht und daraus resultierende KZ-Haft damit in keiner Weise entschädigungswürdig. Rosa-Winkel-Häftlinge waren quasi gewöhnliche Kriminelle. Und darin lag und liegt auch ein wesentliches Motiv des Sozialministeriums für seine Ablehnung begründet: Würden die Homosexuellen entschädigt werden, könnten ja auch „andere Kriminelle“, womöglich Schwer- und Berufsverbrecher, Entschädigung für ihre KZ-Haft verlangen!2

Immer wieder sollten wir in den nächsten Jahren dagegen – erfolglos – argumentieren: Das Einsperren von Homosexuellen mag es vorher und nachher gegeben haben, die systematische Verfolgung und Ausmerzung war indes typischerweise nationalsozialistisch, ideologisches Programm der Nazi. Den Antisemitismus haben ja auch nicht erst die Nazi erfunden, Ghettos und Judenpogrome hat es auch schon vorher gegeben. Deswegen würde trotzdem niemand ernsthaft behaupten wollen, der Holocaust sei daher nicht typisch nationalsozialistisch gewesen, und den Juden und Jüdinnen Entschädigung verwehren!

 

SS-Angehörige erlitten keine Pensionseinbußen

Was uns schon damals ebenfalls so empörte, war der Umstand, daß Dienstzeiten bei der Waffen-SS bzw. den SS-Verfügungstruppen als Kriegsdienstzeiten angesehen werden und den SS-Angehörigen, so ihnen keine Kriegsverbrechen nachzuweisen waren, sehr wohl als Ersatzzeiten auf ihre Pension angerechnet wurden. Das heißt, die SS-Wärter erlitten im Gegensatz zu den homosexuellen KZ-Häftlingen keine Pensionseinbußen.

Die HOSI Wien organisierte damals auch eine internationale Protestkampagne. Ausländische Lesben- und Schwulengruppen schrieben Protestbriefe an den damaligen Sozialminister Alfred Dallinger [1926–1989] (SPÖ-Alleinregierung), zahlreiche Lesben- und Schwulenzeitschriften berichteten über den Fall Dubsky. Am 20. Dezember 1982 kam es schließlich zu einem Gespräch zwischen drei Vertretern der HOSI Wien und Dallinger.3 Während sich Dallinger unserer Argumentation anschloß, daß zumindest die über das im Urteil festgelegte Strafausmaß hinausgehende Anhaltezeit als Ersatzzeit auf die Pension angerechnet werden müßte, zeigte sich der ebenfalls am Gespräch teilnehmende Ministerialrat Hausner für diese Sichtweise wenig empfänglich. Er fürchtete eine Flut von Anträgen von wegen krimineller Delikte Inhaftierten, sollte es zu einem Präzedenzfall eines nach § 129 Verurteilten kommen. Schon damals war klar, daß die Ministerialbürokratie alles unternehmen würde, um einen solchen Präzedenzfall zu verhindern. Dallinger beauftragte Hausner nichtsdestotrotz mit der Prüfung des Falles in unserem Sinne.

Bei dieser Prüfung kamen dann Informationen ans Licht, die uns Dubsky verschwiegen hatte und die uns bei einem zweiten Gesprächstermin mit Minister Dallinger, seinem Sekretär Lengauer und Ministerialrat Hausner Ende September 1983 genüßlich und schadenfroh präsentiert wurden: Dubsky war illegaler Nazi gewesen, also bereits zu einer Zeit der NSDAP beigetreten, als diese noch verboten war. Wiewohl dieser Umstand an der prinzipiellen Ungerechtigkeit der Nichtentschädigung von Rosa-Winkel-Häftlingen und an unserer Forderung nach Wiedergutmachung nichts änderte, war natürlich dieser spezielle Fall keiner, der sich für ein weiteres Engagement unsererseits eignete. Außerdem stellte sich heraus, daß Dubsky damals wegen sexueller Handlungen mit Jugendlichen verurteilt worden war, eines Tatbestands also, der ja heute noch durch den § 209 StGB geahndet wird.4

Die Sache war zwar recht unangenehm für die HOSI Wien, weil sie den Fall nicht wirklich ausreichend geprüft hatte, bevor sie sich für Dubsky einsetzte, konnte aber ihren Eifer und ihr Engagement nicht dämpfen. Die Forderung nach Entschädigung wurde weiterhin aufrechterhalten und bei jeder sich bietenden Gelegenheit öffentlich vorgetragen. Mangels konkreter Einzelfälle,5 deren positive Erledigung betrieben werden hätte können, mußten die Aktivitäten ohnehin auf die Durchsetzung der allgemeinen Forderung verlagert werden.

Eine zusätzliche Schwerpunktsetzung in dieser Zeit bestand in der Gedenkarbeit. So enthüllten die Homosexuellen Initiativen Österreichs 1984 im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen einen Gedenkstein, der weltweit das erste Mahnmal für die Verfolgung Homosexueller war. Seit 1985 nimmt die HOSI Wien auch regelmäßig am ersten Mai-Sonntag an den jährlichen Feiern aus Anlaß der Befreiung des KZ Mauthausen im Mai 1945 teil. Unser erstes Auftreten im Jahre 1985 löste heftige Reaktionen aus, die ein bezeichnendes Licht auf die Haltung der Opferverbände und der Lagergemeinschaft zu den Rosa-Winkel-Häftlingen warfen und die auch in Zusammenhang mit der Wiedergutmachungsfrage nicht unbedeutend sind (vgl. Bericht ab S. 62 = hier).

 

Totgeschwiegen im Gedenkjahr

Die nächste passende Gelegenheit, unserer Forderung politisch Nachdruck zu verleihen, ergab sich 1988, dem Gedenkjahr anläßlich des 50. Jahrestags des Anschlusses Österreichs ans Deutsche Reich. Die HOSI Wien verabschiedete im März eine entsprechende Resolution an den Bundespräsidenten, die Bundesregierung und den Nationalrat. Der Schriftverkehr, der sich aus der Übersendung dieser Resolution an die verschiedenen AdressatInnen ergab, warf ebenfalls ein bezeichnendes Licht auf die Einstellung von Behörden und Ministerien.

Von den Abgeordneten der damals vier im Parlament vertretenen Parteien reagierten nur die Grünen auf unsere Resolution. Karel Smolle antwortete am 29. März, berichtete von den Plänen der Grünen, einen Antrag auf Novellierung des OFG einzubringen (auch andere Gruppen waren bzw. sind ja nicht berücksichtigt, z. B. die Zwangssterilisierten, die Behinderten, von den ZwangsarbeiterInnen damals ganz zu schweigen). Smolle bat uns auch um konkrete Vorschläge, wie die Verankerung verfolgter Homosexueller im OFG aussehen sollte.

Unterstützt wurden wir auch vom grünen Abgeordneten Manfred Srb [1941–2021], der eine erste diesbezügliche parlamentarische Anfrage (Nr. 2474/J) an Minister Dallinger richtete. Dieser antwortete am 12. September 1988: Ich habe diese Frage den drei politischen Opferverbänden in Österreich zur Stellungnahme unterbreitet. Sie ist derzeit noch Gegenstand der Diskussion in diesen Verbänden. Ob und welche Maßnahmen gesetzt werden, hängt weitgehend von der Meinungsbildung in den Opferverbänden ab.6

Wie diese ausging, erfuhren wir in einem Schreiben des Bundeskanzleramts  – Bundeskanzler war damals Franz Vranitzky, dem übrigens in keiner einschlägigen Rede während des gesamten Gedenkjahrs bei der Aufzählung der Opfergruppen das Wort „Homosexuelle“ über die Lippen kam: Diese Beratung ergab, daß die Verfolgung aus Gründen des Sexualverhaltens de lege lata nicht vom Opferfürsorgegesetz erfaßt wird. Sollte ein diesbezügliches Gesetzesvorhaben ins Auge gefaßt werden, seien die Opferverbände jedoch der Ansicht, daß dieses Problem getrennt von der Opferfürsorge zu sehen und zu regeln sei.

Daß das bestehende Opferfürsorgegesetz die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht abdeckte, wußten wir natürlich auch – deshalb forderten wir ja eine Novellierung. Jedenfalls machten die drei politischen Opferverbände damit deutlich, daß sie die Lesben und Schwulen keinesfalls im OFG haben wollten. Dieses sollte auf die politisch, rassisch und religiös Verfolgten beschränkt bleiben. Die KämpferInnen um die Freiheit Österreichs wollten offensichtlich ihre hehre Sache nicht von Schwulen und Lesben besudeln lassen.

Das Bundeskanzleramt bestätigte einmal mehr in diesem Schreiben: Eine Verfolgung aus sonstigen Gründen wird dagegen vom Opferfürsorgegesetz nicht erfaßt. Dazu zählt auch die strafrechtliche Verfolgung bestimmter Sexualverhalten, wie sie nicht nur unter dem Nationalsozialismus üblich war, sondern auch in demokratischen Staatsformen noch viele Jahre nach der Niederringung des Nationalsozialismus stattfand oder heute noch existiert.7

Besonders zynisch war übrigens die Begründung des Finanzministeriums in seiner Antwort auf unsere Resolution: Da das Bundesministerium für Finanzen weiterhin auf eine maßvolle Rücknahme bisheriger Ausgabenpolitik drängen muß, sodaß Ihrer Forderung nur zu Lasten anderer (Umschichtungen im Bereich des BMAS [Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Anm. KK]) Rechnung getragen werden könnte, erscheint dem BMF derzeit eine Realisierung wenig aussichtsreich.8

Die Entschädigung von NS-Opfern von der Budgetlage der Republik abhängig zu machen, noch dazu, wo es sich aufgrund der Umstände höchstens um ein paar Dutzend in Frage kommende Personen handeln konnte, ärgerte die HOSI Wien klarerweise. In einem Antwortschreiben gaben wir zu bedenken, daß es in erster Linie um eine moralische Wiedergutmachung ginge und die finanziellen Aspekte wohl kaum ins Gewicht fallen könnten, da ja zu befürchten stand, daß die Zahl der noch Lebenden nicht mehr sehr groß sein und sich Betroffene womöglich nicht melden würden, selbst wenn ein gesetzlicher Anspruch geschaffen würde, da bei vielen die Angst vor Diskriminierung, Demütigung und Beleidigung zu tief sitzt und auch der Wunsch zu groß ist, sich trotz der finanziellen Entschädigung nicht wieder mit diesem Lebensabschnitt zu befassen, zumal die Beträge, die den NS-Opfern als Wiedergutmachung zugestanden werden, ohnehin lächerlich gering sind. Angesichts dieser Umstände eine größere Budgetbelastung für die Republik zu befürchten war wohl nicht realistisch. Dahinter stand aber wieder die Angst vor dem vorhin erwähnten Präzedenzfall. Zudem erlaubten wir uns, darauf hinzuweisen, daß die meisten Angehörigen dieser Opfergruppe in einem Alter sind, das befürchten läßt, daß sie die Erfolge der Budgetkonsolidierungsbemühungen der Bundesregierung nicht mehr erleben werden.

In seiner Antwort zeigte das BMF zwar Einsicht, daß dem von Ihnen vertretenen Personenkreis grobes Unrecht zugeführt [im Original, Anm. KK] wurde. Es übersieht auch nicht, daß Sie mit gutem Recht auf Rehabilitierung drängen. Im Interesse der gesamten Bevölkerung wurde jedoch von dieser Bundesregierung die Budgetgesundung zum vorrangigen Ziel erklärt. Um diese Zielvorgabe zu erreichen, kamen die Regierungspartner überein, budgetwirksame Leistungsverbesserungen vorerst [Hervorhebung im Original, Anm. KK] zurückzustellen.9

Diese unglaubliche Haltung empörte und dermaßen, daß wir schließlich dem damaligen Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) auch persönlich schrieben. Persönliche Antwort bekamen wir von ihm jedoch keine. Sein Büromitarbeiter richtete uns aus, daß sich das Bundesministerium für Finanzen in dieser Angelegenheit der im Schreiben des Bundeskanzleramts vom 27. Jänner 1989, Zl. 350.778/2-I/6/89, dargelegten Auffassung anschließt.10 (Siehe oben sowie Fußnote 7)

 

Opfer- und KZ-Verbände dagegen

Die Mitteilung Dallingers, er hätte die drei politischen Opferverbände mit der Angelegenheit befaßt, veranlaßte uns, an diese drei Verbände heranzutreten. Im Oktober 1988 richteten wir Schreiben an den Bund Sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus, an die ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten sowie an den Bundesverband Österreichischer Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus (KZ-Verband) – letzterer steht der KPÖ nahe – und ersuchten um Gesprächstermine, um die Frage der Wiedergutmachung für homosexuelle Opfer des Faschismus im Rahmen des bestehenden OFG zu erörtern.

Statt jedoch mit uns ins Gespräch zu treten, schrieb uns die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs, in der die drei Verbände zusammengeschlossen sind, am 9. Februar 1989 folgenden Brief:

Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs hat sich mit Ihrem Schreiben in der Sitzung vom 9. Februar 1989 nach einer Aussprache bei den einzelnen Verbänden beschäftigt und stellt fest:

Unsere drei Organisationen haben die Aufgabe, sich um die Opfer bzw. deren Hinterbliebene zu kümmern, wenn diese sich im Kampf für ein freies und unabhängiges Österreich betätigt haben (siehe Opferfürsorgegesetz).

Wir sind daher als Organisationen nicht in der Lage, Sie in Ihrem Anliegen gegenüber dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu unterstützen.

Damit war klar, daß die drei politischen KZ-Verbände einer Erweiterung des OFG auf wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgte ablehnten. Ein entsprechender von den Grünen eingebrachter Zusatzantrag zu einer Regierungsvorlage betreffend die Novellierung des ASVG, des Kriegsopferversorgungsgesetzes und des OFG war im Dezember 1988 folglich von SPÖ und ÖVP niedergestimmt worden. Die Grünen hatten die konkreten Vorschläge der HOSI Wien in ihren Antrag aufgenommen. Wie von Karel Smolle im März erbeten, hatte die HOSI Wien im November 1988 den von ihrer Mitarbeiterin GUDRUN HAUER fertig ausformulierten Entwurf für ein entsprechend novelliertes OFG an die Grünen übermittelt.11

Im Mai 1989 wandte sich die HOSI Wien schließlich abermals an Bundeskanzler Vranitzky. Bezugnehmend auf sein Schreiben vom Jänner 1989 schrieben wir ihm, daß wir nicht nur über die Haltung der Opferverbände enttäuscht waren, sondern auch darüber, daß das Gedenkjahr 1988 vergangen war, ohne daß die homosexuellen NS-Opfer in irgendeiner Weise offiziell beachtet wurden, geschweige denn irgendeine Art einer Entschädigungsregelung für sie geschaffen worden wäre.12 Außerdem forderten wir die Schaffung eines eigenen Entschädigungsgesetzes für die homosexuellen Opfer, wenn deren Aufnahme ins bestehende OFG nicht erwünscht bzw. gegen den Willen der KZ-Verbände politisch nicht durchsetzbar ist, bzw. die Schaffung eines eigenen Wiedergutmachungsfonds. Die HOSI Wien ersuchte um einen Gesprächstermin. Vranitzky ließ im August 1989 zurückschreiben, wir sollten uns mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ins Einvernehmen setzen, er habe in dieser Sache ja überhaupt keine Zuständigkeit.13

Dies taten wir auch. Inzwischen war Walter Geppert dem bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Alfred Dallinger ins Amt des Sozialministers gefolgt. Im November ersuchten wir Geppert um einen Gesprächstermin. Dieses Gespräch sollte dann am 12. April 1990 stattfinden. Es war recht unerfreulich. Geppert war ganz zynischer Bürokrat, für den Homosexuelle einfach in die Kategorie Kriminelle fielen, die systematische, von den Nazis ausführlich ideologisch begründete Bekämpfung der Homosexualität ignorierte er. Er war auch der erste Minister, der mit dem Vorschlag kam, man möge einzelne konkrete Fälle zur Prüfung vorlegen. Man dachte im Ministerium offenbar daran, gegebenenfalls eine Kulanzlösung in Einzelfällen zu finden, weil man vor einer generellen Lösung zurückscheute. Diese Herangehensweise lehnte die HOSI Wien ab. Wie sollte man Betroffene überreden, einen Antrag zu stellen, wenn überhaupt kein Rechtsanspruch besteht? Überdies ging es uns ja in erster Linie um die offizielle moralische Anerkennung und Wiedergutmachung.

 

Kritik am Sozialminister

Die beiden HOSI-Wien-VertreterInnen, die das Gespräch mit Geppert führten, waren jedenfalls einigermaßen geschockt über dessen Verlauf.14 Anläßlich der bevorstehenden Feier zum 45. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen schickte die HOSI Wien am 3. Mai 1990 eine Presseaussendung aus, in der Geppert scharf angegriffen wurde:

Sozialminister Dr. Geppert argumentiert, es handle sich bei dieser Gruppe um Personen, die wegen eines kriminellen Delikts, das in Österreich sowohl vor als auch nach der Nazi-Ära strafbar war, in KZ-Haft gekommen waren.

Dies ist jedoch unrichtig. Die systematische Ausmerzung und Vernichtung gleichgeschlechtlich liebender Menschen war integraler Bestandteil der Nazi-Ideologie, war ebenso typisches nationalsozialistisches Gedankengut wie die Rassengesetze, die systematische Ausrottung politisch Andersdenkender, die Vernichtung sogenannten „unwerten Lebens“ usw.

Homosexuelle mußten in den Konzentrationslagern auch nicht das grüne Dreieck der Kriminellen, sondern ein eigenes Erkennungszeichen, den „rosa Winkel“ tragen (…).

Darüber hinaus wurden viele Schwule – und auch Lesben – nicht wegen konkreter homosexueller Handlungen ins KZ eingeliefert, sondern aufgrund von Denunziation, auf Verdacht hin oder weil sie Mitglied in einer der vor dem Krieg zahlreichen Homosexuellenorganisationen waren. Für den Sozialminister ist das KZ-Leid einer Person, die wegen ihrer Parteizugehörigkeit inhaftiert war, offenbar für Wiedergutmachungsleistungen würdiger als jenes einer Person, die wegen ihrer Mitgliedschaft in einem Homosexuellenverband inhaftiert war.

Die HOSI Wien findet eine derartige Haltung zutiefst beschämend und eines Ministers unwürdig! Sie bedeutet auch, daß der Minister offenbar das System der Konzentrations- und Vernichtungslager für bestimmte Personengruppen gutheißt. (…)

Den homosexuellen NS-Opfern eine Wiedergutmachung zu verweigern bedeutet, sie ein zweites Mal zu ermorden bzw. das ihnen zugefügte Unrecht und Leid nicht als solches anzuerkennen. Eine derartige Haltung bedeutet auch eine späte Rechtfertigung des Nazi-Terrors und verhilft somit der Nazi-Ideologie zu späten Siegen.

Am 6. Mai waren dann auch einige AktivistInnen der HOSI Wien bei der Befreiungsfeier in Mauthausen dabei [vgl. auch Zeitreise-Eintrag]. Sie hatten ein riesiges Transparent mit der Aufschrift Minister Geppert, sei kein Nazi-Schwein! Wiedergutmachung jetzt! mitgebracht – sowie eines mit der Aufschrift 1000e homosexuelle NS-Opfer warten auf Rehabilitierung. Das stieß natürlich auf Ablehnung bei den Organisatoren, zumal seit der Waldheim-Affäre allgemeines Transparentverbot herrschte und politische Äußerungen auf der Gedenkfeier unerwünscht waren! Es kam zu lautstarken Diskussionen zwischen TeilnehmerInnen, die uns unterstützten, und jenen, die die Transparente entfernen wollten. Schließlich entriß uns ein Gendarm das Geppert-Transparent und nahm es mit. Das zweite konnte bis zum Ende der Veranstaltung in der Nähe der Rednertribüne aufgepflanzt werden.15

Geppert war jedenfalls wegen der Aussendung und der Vorfälle in Mauthausen ziemlich wütend. Die HOSI Wien sei als seriöse Gesprächspartnerin für ihn ausgeschieden, ließ er uns in einem Schreiben seines Sekretariats vom 18. Juli 1990 mitteilen.16 Gepperts politische Karriere war indes ohnehin von äußerst kurzer Dauer. Nach den Wahlen im Herbst 1990 folgte ihm Josef Hesoun (SPÖ) als Sozialminister nach. Ihm schrieb die HOSI Wien am 22. Jänner 1991 wegen eines Gesprächstermins.

 

Ideelle Anerkennung

Am 8. Juli 1991 hielt Bundeskanzler Vranitzky vor dem Nationalrat seine denkwürdige Rede. Im Rahmen einer Erklärung zur Jugoslawienkrise ging er auch auf Österreichs Rolle im Dritten Reich ein, wo er deutlich differenzierte, daß Österreich zwar Opfer war, aber auch große Mitschuld an den Nazi-Greueln hatte. In der Aufzählung der Opfergruppen nannte er erstmals „Homosexuelle“. Angesichts des Umstands, daß es sich hier um eine sehr wichtige Rede handelte, akzeptierte die HOSI Wien diese Aussage als die längst überfällige ideelle Wiedergutmachung seitens der Regierung, des offiziellen Österreichs.17 Diese Rede nahm die HOSI Wien jedenfalls zum Anlaß, am nächsten Tag nochmals an Vranitzky zu schreiben. Erst nach einer Urgenz im September antwortete das Bundeskanzleramt am 18. Oktober 1991, wobei er auf eine Resolution der Bundeskonferenz der Homosexuellen Initiativen in Österreich, die am 22. und 23. Juni in Wien stattgefunden hatte, Bezug nahm. Darin wurden die schon aus früherem Schriftverkehr mit dem Sozialministerium und dem BKA altbekannten und von uns immer wieder gegenargumentierten Aussagen und Sätze in einer Art Textbausteinsystem zusammengefügt.18 Wir unternahmen noch einmal einen Versuch, ausführlich auf die einzelnen Punkte einzugehen, erhielten auf dieses Schreiben vom 7. November aber keine Antwort mehr, weshalb uns ernste Zweifel beschlichen, ob Vranitzkys verbale Anerkennung der homosexuellen Opfer im Juli wirklich ernst gemeint war.19

Am 7. November 1991 hatte die HOSI Wien wieder einen Gesprächstermin im Sozialministerium. Minister Hesoun selbst hatte keine Zeit, aber seine beiden Sekretäre, Dr. Pöltner und Dr. Buchinger. Die Ausflüchte des Ministeriums kamen diesmal in neuem Gewand daher: Eine Lösung scheiterte diesmal nicht an den Budgetkonsolidierungsbemühungen der Bundesregierung, sondern schlicht und einfach an der Arbeitsüberlastung im Ministerium durch Pensionsreform, ASVG, Pflegeversicherung etc. Da könnte man sich nicht mit einem Problem befassen, das so wenig Leute betrifft. Wir hatten nämlich vorgeschlagen, das Ministerium sollte selbst seine umfangreichen Akten auf Rosa-Winkel-Häftlinge durchforsten. Wir betonten abermals, daß die HOSI Wien nicht in der Lage ist, Betroffene zu erreichen. Außerdem müßten ja sowieso erst die gesetzlichen Regelungen geändert werden, da ja allen Beteiligten klar war, daß das bestehende OFG homosexuelle Opfer nicht erfaßt. Was hätten also die Betroffenen davon, sich schon jetzt zu melden? Hier drehte sich die Diskussion im Kreis. Das Ministerium wollte erst aktiv werden, wenn konkrete Fälle bekannt wären. Dabei betonten wir ständig, daß die Bundesregierung sich über die Massenmedien an die Leute wenden müßte, wollte man wirklich die Betroffenen erreichen.20

1992 wurde die Frage der Nichtentschädigung für etliche Gruppen dank der Grünen öffentliches Thema. In einer 405 Einzelfragen umfassenden Parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung „zur Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus“ befaßte sich Abgeordneter Johannes Voggenhuber mit allen Aspekten nicht erfolgter Entschädigung, darunter den Fragen der Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen und der Enteignung jüdisches Besitzes („Arisierungen“), die erst vor kurzem einer Lösung zugeführt worden sind. Die Passagen des Anfragetextes betreffend die Verfolgung Homosexueller wurden mit der HOSI Wien abgesprochen.21 Bereits am 29. Jänner hatte Voggenhuber in seiner Rede im Nationalrat im Rahmen einer Debatte zum Neonazismus darauf hingewiesen, daß ganzen Gruppen, wie etwa den Homosexuellen, (…) sogar die Anerkennung als Opfer verweigert wird.22

 

Fall für die Volksanwaltschaft

Im März 1992 wandte sich die HOSI Wien in der gegenständlichen Angelegenheit an die Volksanwaltschaft. Am 19. Mai hatten zwei HOSI-Wien-VertreterInnen einen Gesprächstermin mit Volksanwältin Evelyn Messner. Die Volksanwaltschaft war noch nie mit einem Fall einer (abgelehnten) Wiedergutmachung eines homosexuellen NS-Opfers nach dem OFG konfrontiert worden, ihr lag allerdings eine Pensionssache vor, bei der es um die Ablehnung der Anrechnung von KZ-Zeit als Ersatzzeit auf die Pension durch die Pensionsversicherungsanstalt und das Sozialministerium ging.23 Die HOSI Wien nahm danach gleich wieder Kontakt mit dem Sozialministerium auf, um auf eine positive Erledigung dieser Sache zu drängen – wir erinnerten das Ministerium an seine Ankündigung, vorgelegte Fälle wohlwollend prüfen zu wollen. Im übrigen hatte uns das Ministerium offenkundig absichtlich diesen Fall verschwiegen, denn als wir im April 1990 Minister Geppert besuchten, war das Ministerium längst damit befaßt gewesen! Bei diesem Fall handelte es sich im übrigen um die Eingabe Josef K.s, die dann bald positiv erledigt werden sollte. Josef K. sollte danach auch um Entschädigung nach dem OFG ansuchen, die endgültige Erledigung aber nicht mehr erleben (ausführlicher Bericht im Artikel ab S. 42).24

Volksanwältin Messner erwies sich jedenfalls als große Unterstützerin unseres Anliegens, wobei sie vollstes Verständnis dafür hatte, daß es uns in erster Linie um die ideelle Wiedergutmachung ging, wir auch eine Gesetzesänderung wollten, selbst wenn diese von niemandem mehr in Anspruch genommen werden würde. Sie wandte sich ihrerseits ans Sozialministerium, erhielt von diesem aber auch keine grundlegend andere Stellungnahme wie davor die HOSI Wien oder die Grünen.

Es sollte sich aber eine völlig unerwartete und nicht gerade naheliegende Möglichkeit ergeben, doch noch Entschädigung für die homosexuellen NS-Opfer durchzusetzen. Im November 1993 erstellte der Petitionsausschuß des Nationalrats einen Einzelbericht über die nicht erfolgte Entschädigung der vom NS-Regime wegen der Schaffung eines Truppenübungsplatzes im sogenannten Döllersheimer Ländchen in Niederösterreich enteigneten und abgesiedelten BewohnerInnen. Heute ist dieser Truppenübungsplatz unter dem Namen Allentsteig bekannt. Nachdem die HOSI Wien von diesem Bericht Kenntnis erlangt hatte, entschloß sie sich, auf diesen Zug aufzuspringen. Sie schrieb am 1. Februar 1994 an die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Abgeordnete Ilona Graenitz (SPÖ), an die Klubobleute aller Parteien, an Nationalratspräsident Heinz Fischer sowie an den Bundeskanzler und an den Sozialminister und forderte anläßlich der Debatte um die Entschädigung der aus dem Döllersheimer Ländchen Vertriebenen die Einrichtung eines Härtefonds, aus dem auch homosexuelle NS-Opfer eine Entschädigung erhalten sollten.

ÖVP-Klubobmann Heinrich Neisser teilte uns am 14. Februar mit: Es ist geplant, für die Entschädigung im Bereich des Döllersheimer Ländchens einen Entschädigungsfonds zu schaffen. Ich werde mich dafür einsetzen, daß dieser Fonds für Entschädigungen all jener NS-Opfer in den verschiedensten Bereichen verwendet wird, die bisher leer ausgegangen sind.

Sehr unterstützend fiel auch die Antwort des SPÖ-Klubobmanns Willi Fuhrmann vom 17. Februar aus. Auch er sprach sich für eine Entschädigung Homosexueller durch den geplanten Fonds aus, dies sei auch Inhalt einer vom Petitionsausschuß eingeholten Stellungnahme des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands. Außer Fischer hat keine/r der anderen AdressatInnen auf unsere Briefe geantwortet.25

Am 16. Juli 1994 verabschiedete der Nationalrat einen Entschließungsantrag, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, bis zum 27. April 1995, dem 50. Jahrestag der Zweiten Republik, eine gesetzliche Regelung zu treffen, durch die ein „Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus“ eingerichtet wird. Aus dem Antrag ging klar hervor, daß der Fonds nicht nur den Vertriebenen aus dem Döllersheimer Ländchen, sondern auch anderen bisher nicht entschädigten Opfern zugute kommen sollte. In den Redebeiträgen anläßlich der Beschlußfassung blieb es allerdings wieder Johannes Voggenhuber vorbehalten, als einziger die Homosexuellen ausdrücklich zu erwähnen.26

 

Nationalfonds

Im Juni 1995 stand dann die Verabschiedung des Nationalfondsgesetzes im Plenum des Nationalrats auf der Tagesordnung.27 Zur gleichen Zeit wurde wieder einmal das OFG novelliert. Die Grünen hatten einmal mehr den Zusatzantrag gestellt, im Zuge der Novelle die homosexuellen Opfer ins OFG aufzunehmen. Im Sozialausschuß war es am 17. Mai in dieser Frage zu einem kleinen Skandal gekommen. ÖVP-Sozialsprecher Gottfried Feurstein [1939–2024] sprach sich gegen die Aufnahme von „sexueller Orientierung“ ins OFG aus, weil dann auch Notzuchtsverbrecher in den Genuß dieser Regelung kommen könnten. Sein ÖVP-Kollege Karl Donabauer zog sogar in Zweifel, daß Homosexuelle überhaupt Verfolgte des NS-Regimes gewesen wären. Die HOSI Wien erstattete daraufhin am 23. Mai bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeige gegen Donabauer wegen Verdachts des Vergehens nach dem Verbotsgesetz (Leugnung bzw. gröbliche Verharmlosung von NS-Verbrechen). Die Strafanzeige wurde am 2. Juni zurückgelegt!

Am 1. Juni wurden schließlich über das Nationalfondsgesetz und die Novelle des OFG im Nationalrat abgestimmt. Ersteres wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, LiF und FPÖ verabschiedet. Die Grünen stimmten aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen. Sie sahen im Gesetz einen „Gnadenakt“, eine „Armenkasse“ und stießen sich an der unsicheren finanziellen Dotierung des Fonds. In der Tat handelt es sich beim Nationalfonds um eine Art Entschädigung „light“, auf die kein Rechtsanspruch besteht und für die auch soziale Bedürftigkeit eine Voraussetzung ist.

Auf jeden Fall war es ein großer Erfolg des jahrelangen Lobbying der HOSI Wien, die als einzige österreichische Lesben- und Schwulenorganisation so konsequent und kontinuierlich für die Wiedergutmachung homosexueller NS-Opfer gekämpft hat. Sexuelle Orientierung wird ausdrücklich im Gesetz erwähnt: Im § 2 Abs 1 heißt es:

Der Fonds erbringt Leistungen an Personen, 1. die vom nationalsozialistischen Regime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstimmung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, aufgrund eines Gesundheitsschadens oder aufgrund des Vorwurfes der sogenannten Asozialität verfolgt oder auf andere Weise Opfer typisch nationalsozialistischen Unrechts geworden sind oder das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen…

In der Regel sind an die AntragstellerInnen einmalige Zahlungen in der Höhe von S 70.000,– durch den Fonds geleistet worden. Auch zwei wegen ihrer Homosexualität verfolgte Männer bekamen schließlich Entschädigungen. Über einen davon berichtet der Artikel ab S. 45 in diesem Heft.

 

Koalitionseklat

Die Erweiterung des OFG um sexuelle Orientierung scheiterte allerdings an der ÖVP und FPÖ. Völlig unverständlich bzw. wohl nur ideologisch erklärbar ist der Umstand, daß die beiden Parteien am selben Tag die Berücksichtigung der homosexuellen NS-Opfer im Nationalfonds befürworteten, im OFG jedoch ablehnten. Etwas Einmaliges in der fast 15jährigen Geschichte der großen Koalition von 1986 bis 1999 sollte indes bei dieser Abstimmung passieren: 55 der 60 anwesenden SPÖ-Abgeordneten verweigerten Parteidisziplin und Koalitionsgehorsam und stimmten entgegen der vorgegebenen Parteilinie für die Anträge der Grünen und des LiF, Homosexuelle und „Asoziale“ ins OFG aufzunehmen. Klubobmann Peter Kostelka blieb im Regen stehen und stimmte neben Parlamentspräsident Heinz Fischer gegen den Antrag. Da aber alle anwesenden ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten gegen den Antrag stimmten, fiel er durch. Daß ja niemand aus der ÖVP-Fraktion ausscherte, dafür sorgte ihr fanatischer Klubobmann Andreas Khol: Er kontrollierte mit Stricherlliste das Abstimmungsverhalten der ÖVP-Abgeordneten – beklemmend, unwürdig und schäbig, in einer solchen Frage die Klubpeitsche zu schwingen. Das Verhalten der SPÖ-Abgeordneten führte zwar zu einem Koalitionskrach, aber offenbar war damals für viele SPÖ-Abgeordnete das Maß voll und die Grenzen der Selbstverleugnung, die ihnen von der ÖVP abverlangt wurde, erreicht. Eine der seltenen Gelegenheiten des österreichischen Parlamentarismus, wo sich die Abgeordneten in einer solchen Frage als tatsächlich freie MandatarInnen erwiesen, die sich nur ihrem Gewissen verpflichtet fühlen.

In der Plenardebatte, die der Abstimmung vorausging, kündigten einige SPÖ-Abgeordnete ihren Schritt, den Antrag der Grünen und des LiF unterstützen zu wollen, auch an: Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, ihn abzulehnen oder bei der Abstimmung den Saal zu verlassen, meinte etwa Abgeordneter Peter Schieder.

Klubobmann Peter Kostelka meinte: Wir haben im Ausschuß Behinderte in den Begünstigtenkreis des Opferfürsorgegesetzes aufgenommen, nicht jedoch die sogenannten Asozialen – im Sprachgebrauch des NS-Regimes – oder Homosexuelle. Ich hege für den Antrag, der diesen zweiten Schritt auch noch setzen wollte, durchaus Sympathien, und zwar deswegen, weil es für mich keinen Unterschied macht, warum jemand im KZ war, ob der Betreffende einen schwarzen oder ob er einen rosa Winkel am Revers getragen hat. Opfer ist Opfer!

Der Herr Bundesminister für Soziales hat jedoch ausdrücklich im Ausschuß bekannt, daß er jedem, der Opfer des Nationalsozialismus war – daher auch den sogenannten Asozialen und den Homosexuellen – im Wege des Härteausgleiches einen entsprechenden Anspruch zuerkennen wird. Letztendlich kommt es also auf dasselbe heraus.

Auch wenn mir als Akt der Anerkennung dieser Opfer ein gesetzlicher Anspruch lieber und sympathischer gewesen wäre, werde ich diesem Antrag nicht zustimmen. Ich bekenne, daß ich dies ausschließlich aus koalitionärer Disziplin tue. – Mir ist diese Disziplin noch nie so schwer gefallen.

 

Härteausgleich

Die Sache mit dem Härteausgleich ist zu diesem Zeitpunkt völlig neu ins Spiel gebracht worden. Bei keiner der Gespräche der HOSI Wien im Sozialministerium – weder unter Dallinger, Geppert noch Hesoun – wurde konkret das Angebot gemacht, homosexuellen NS-Opfern aufgrund des im § 15a OFG vorgesehenen Härteausgleichs Entschädigung zu leisten.

Sozialminister Franz Hums (SPÖ) bestätigte jedenfalls in der Plenardebatte am 1. Juni 1995 diese Möglichkeit: Ich möchte aber gleichzeitig hier feststellen, daß die Gruppen, die im Gesetz nicht besonders angeführt sind – ganz besonders wurde im Ausschuß darüber diskutiert –, natürlich genauso anerkannt werden. Selbstverständlich sind auch für jene Maßnahmen zu setzen, die verfolgt wurden, weil sie Homosexuelle waren, und die verfolgt wurden, weil man ihnen vorgeworfen hat, daß sie asozial sind. Diese Menschengruppen werden von uns genauso respektiert, und wir erkennen genauso an, daß sie in der NS-Zeit fürchterlich verfolgt wurden.

Ich möchte das wiederholen, was Klubobmann Kostelka bereits ausgeführt hat und was ich im Ausschuß festgestellt habe: Jenen Gruppen, die nicht ausdrücklich im Gesetzestext erwähnt sind, werde ich mit der Möglichkeit der Bestimmung des Opferfürsorgegesetzes im Härteausgleich dieselben Leistungen zuerkennen, die ihnen auch zustehen und die in diesem Gesetz vorgesehen sind.

Der grüne Abgeordnete Karl Öllinger allerdings meinte, daß dieser Härteausgleich für mich ein klarer Beleg dafür ist, daß dies kein gangbares Instrument ist, um diesen Opfergruppen, den sogenannten Asozialen und den Homosexuellen, im Sinne des Gesetzes ihre entsprechenden Ansprüche zu sichern.

Völlig widersprüchlich jedenfalls die Aussagen Gottfried Feursteins: Einerseits meinte er zum Antrag der Grünen und des LiF: Aber Ihr Abänderungsantrag, den Sie jetzt einbringen, würde an der Situation für die Betroffenen nichts ändern. Das würde auch bedeuten, daß es keine Verbesserung gibt. Und es würde etwas vorgetäuscht, was nicht realisiert werden kann. (…) Für uns ist das Opferfürsorgegesetz ein Gesetz, das alle Verfolgten des Nationalsozialismus umschließt, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die im Gesetz erwähnt sind. Wir sehen daher keinen Anlaß, Ihrem Antrag beizutreten.

Wenn also ohnehin alle vom OFG erfaßt sind, warum kann man sexuelle Orientierung und Asozialität nicht beim Namen nennen? Warum würde dadurch etwas vorgetäuscht, was nicht realisiert werden kann? Wenn es ja ohnehin bereits realisiert ist, braucht man ja auch nichts vortäuschen. Man würde doch bloß die Sache klarstellen! Feursteins Beitrag in der Plenardebatte ist jedenfalls ein unglaubliches Stück Desinformation und Vernebelung. Wenig erhellend auch eine Passage, wo er offenbar Hums’ Erklärung relativieren wollte: Wenn nun von dieser Sonderbestimmung des Härteausgleichs gesprochen wird, so muß ich sagen, soll ja dieser Härteausgleich nicht weitere Gruppen inkludieren, sondern dann zur Anwendung kommen, wenn in einem Verfahren in der ersten Instanz und vielleicht auch in der zweiten Instanz keine solche Beurteilung erfolgt ist, wie es dem Betroffenen entsprochen hätte.

Also doch keine Möglichkeit, homosexuelle NS-Opfer durch die Hintertür des Härteausgleichs zu entschädigen? Die zuständigen Behörden kamen jedenfalls bisher nicht in die Verlegenheit, Stellung zu beziehen, weil bisher kein Betroffener einen Antrag eingereicht und die Probe aufs Exempel gemacht hat.

Und auch SPÖ-Abgeordnete Annemarie Reitsamer ging auf die mangelnde Logik im Nationalfondsgesetz und im OFG ein: Beim Opferfürsorgegesetz hat man die aufgrund des Vorwurfs der sogenannten Asozialität und aufgrund der sexuellen Orientierung Verfolgten wieder hinauskomplimentiert. Das kann ich einfach nicht verstehen, und das wird mir auch niemand erklären können. (…) Machen wir uns doch nicht nachträglich zu Tätern, indem wir eine Gruppe von Opfern wieder ausschließen!

Ich habe auch Herrn Kollegen Feurstein nach den Gründen gefragt. Er hat mir gesagt, die Vertretung der anderen betroffenen Gruppen wollte nicht gemeinsam mit sogenannten Asozialen und Homosexuellen genannt werden. Dafür fehlt mir erst recht das Verständnis. Denn wenn ich ein Gesetz ändere, indem ich Anspruchsvoraussetzungen verbessere, dann kann es doch nicht so sein, daß sich die eine oder andere betroffene Gruppe aussucht, wer noch für erlittene Qualen entschädigt werden darf! Bei mir setzt hier jegliches Verständnis aus. Daß nämlich alle Betroffenen das gleiche unsägliche Leid erfahren mußten, das werden Sie wohl nicht bestreiten! (…)

Ich stehe auch nicht an zu sagen, daß ich mich dafür schäme, daß ich im Ausschuß die Gelegenheit ungenützt ließ, mit Grünen und Liberalen zu stimmen. Es hätte zwar den Mehrheitsverhältnissen nach nichts geholfen, aber mir persönlich wäre es nachher wesentlich besser gegangen.

SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Pittermann zeigte ebenfalls Unverständnis für die Haltung der Koalitionspartnerin ÖVP: Es ist mir unerklärlich, warum man eine Gruppe von Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Verfolgung erlitten hat, nämlich die Gruppe der Homosexuellen, auch heute, mehr als 50 Jahre nach Kriegsende, nicht beim Namen nennen will. (…) Wenn wir heute diese Menschengruppe noch immer ächten, so kommt dies einer Verurteilung gleich und könnte bei manchen Ewiggestrigen den Gedanken induzieren, daß die Verfolgungen wegen der sexuellen Orientierung zu Recht geschahen.

Im übrigen gingen nur weitere RednerInnen der Grünen (Johannes Voggenhuber, Karl Öllinger, Severin Renolder), der Liberalen (Volker Kier) und der SPÖ (Peter Marizzi) auf die Aufnahme homosexueller NS-Opfer ins OFG ein, außer Feurstein schnitten keine ÖVP- oder FPÖ-Abgeordneten in ihren Wortmeldungen dieses Thema an.28

Feurstein sollte eines seiner Motive allerdings am 2. Juni in einer Presseaussendung – wohl unfreiwillig – entlarven: Sowohl Öllinger als auch Cap gehe es offensichtlich nur darum, einen Justament-Standpunkt zu vertreten. „Sie sind Getriebene bestimmter extremer Gruppen unter den Homosexuellen, die offensichtlich für sich einen verbalen Erfolg verbuchen wollen. Für eine solche Vorgangsweise läßt sich die ÖVP nicht mißbrauchen“, erklärt Feurstein.

Seit 1995 hat es keine neuen Entwicklungen in dieser Frage gegeben. Wie erwähnt, haben zwei homosexuelle NS-Opfer Entschädigungen aus dem Nationalfonds erhalten.

Man muß wohl davon ausgehen, daß heute kaum noch Betroffene am Leben sind. Dennoch ist die Gleichstellung der homosexuellen NS-Opfer mit anderen Opfergruppen im OFG nach wie vor ein prinzipielles Anliegen. Aus all den hier dargelegten Gründen ist eine Einteilung in Opfer erster Klasse, die Entschädigung nach dem OFG erhalten, und Opfer zweiter Klasse, die nach Ansicht von ÖVP und FPÖ offenkundig ihre KZ-Haft und NS-Verfolgung „verdient“ haben, inakzeptabel.

Am 1. Juni 2001 stand eine neuerliche Novellierung des OFG im Sozialausschuß des Nationalrats an. Routinemäßig brachten die Grünen einen Antrag auf Erweiterung des OFG um die homosexuellen NS-Opfer ein. Diesmal stellte auch die SPÖ einen entsprechenden Abänderungsantrag. Die HOSI Wien forderte die beiden Regierungsparteien auf, diesem Antrag nachzukommen. ÖVP und FPÖ beschlossen jedoch, die Beschlußfassung über den Antrag zu vertagen, weil es laut Feurstein in den Begründungen der Anträge noch viele Ungereimtheiten gebe. Sozialminister Herbert Haupt (FPÖ) erklärte, daß von Zwangssterilisierten oder Homosexuellen zuletzt kein einziger Antrag beim Sozialministerium gestellt worden sei.

So könnte in der Tat bald die Rechnung der Sozialbürokratie und von ÖVP und FPÖ aufgehen: Eine positive Erledigung der Sache wurde erfolgreich so lange verzögert und hinausgeschoben, bis sich das „Problem“ auf biologische Art quasi von selbst gelöst hat und endgültig alle Betroffenen, die Anträge stellen könnten, verstorben sind.

 

Zusammenfassung

Nicht nur die Entschädigung der NS-Opfer im allgemeinen ist ein düsteres und eines der traurigsten Kapitel der österreichischen Nachkriegsgeschichte, sondern auch die Anerkennung der homosexuellen NS-Opfer im besonderen.

Zwei Jahrzehnte hat die österreichische Innenpolitik Versuche der HOSI Wien in diesem Bereich abgewehrt und ausgesessen. Das begann unter einem SPÖ-Sozialminister in der SPÖ-Alleinregierung, setzte sich fort unter SPÖ-Sozialministern in der kleinen Koalition mit der FPÖ (1983–86) und in der großen Koalition mit der ÖVP (1986–99) – und ist auch unter den FPÖ-MinisterInnen seit der FPÖVP-Regierung offenbar nicht anders.

Während es noch 1988 anläßlich einer Novelle zum OFG für die SPÖ keine Frage war, den Begünstigtenkreis im OFG auf homosexuelle NS-Opfer auszudehnen, änderte sich ihre Haltung bis 1995. Nur die Grünen und die Liberalen haben diese Forderung von ihrem Einzug in den Nationalrat an konsequent unterstützt.

Auch die drei politischen Opfer- und KZ-Verbände wehrten sich bis heute erfolgreich, daß sie, die politisch, religiös und rassisch Verfolgten, mit homosexuellen NS-Verfolgten in einem Gesetz behandelt werden.

Von seiten der Bürokratie kam die Befürchtung hinzu, daß die Anerkennung homosexueller NS-Verfolgter eine Art Dammbruch auslösen könnte und dann auch andere Verfolgten, insbesondere jene, die wegen krimineller Handlungen verurteilt und ins KZ eingeliefert wurden, ebenfalls Ansprüche stellen könnten.

 

Fußnoten:

1 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 4/1982, S. 3 f.

2 Später, am 12. September 1988, sollte Sozialminister Dallinger diesbezüglich in einer Beantwortung (Nr. 2513) einer Parlamentarischen Anfrage der Grünen (Nr. 2474/J) folgendes feststellen: Solange im Rahmen des Sozialversicherungsrechtes für Zeiten aus der Vergangenheit das Rechtsinstitut der Ersatzzeiten weiter gilt, wird die Straftat als anspruchsausschließender Tatbestand für eine Freiheitsbeschränkung nicht beseitigt werden können, soferne man nicht erreichen will, daß dann diese Begünstigung unvermeidlich auch Schwer- und Berufsverbrechern zugute kommt. (II-5312 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVII. Gesetzgebungsperiode)

3 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1983, S. 3, und 2-3/1983, S. 8 f.

4 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1984, S. 11.

5 1985 nahm die HOSI Wien zwar Kontakt zu Josef K. auf, doch dieser zog es später vor, um Pensionsersatzzeiten und Wiedergutmachung ohne Unterstützung durch die HOSI Wien zu kämpfen. Siehe Bericht ab S. 42 in diesem Heft.

6 II-5312 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVII. Gesetzgebungsperiode.

7 Brief des Bundeskanzleramts an die HOSI Wien vom 27. Jänner 1989, Zl. 350-778/2-I/6/89.

8 Brief des Bundesministeriums für Finanzen an die HOSI Wien vom 6. Juli 1988, GZ. 31 1080/4-II/7/88.

9 Brief des BMF an die HOSI Wien vom 7. September 1988, GZ 31 1080/7-II/7/88.

10 Brief des BMF, Büro des Bundesministers, vom 22. Februar 1989, GZ AP 1300/88.

Zur HOSI-Wien-Resolution anläßlich des Gedenkjahres 1988 sowie zum erwähnten Schriftverkehr siehe auch LAMBDA-Nachrichten 2/1988, S. 12 ff, 4/1988, S. 10 f, sowie 1/1989, S. 32 f.

11 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1989, S. 32 f, und 2/1989, S. 8.

12 Das konsequente Totschweigen der homosexuellen NS-Opfer von offizieller und medialer Seite während des gesamten Gedenkjahrs 1988 veranlaßte die der HOSI Wien nahestehende Aktionsgruppe Rosa Wirbel dazu, zu Weihnachten an PolitikerInnen und Medien, die sich als besondere SchweigerInnen ausgezeichnet hatten – sowie an Polizeipräsident Bögl wegen des Zwischenfalls am Albertinaplatz im November (siehe Artikel ab S. 62 in diesem Heft = hier) –, rosa glacierte Dreieckstorten zu versenden und sie in einem beigelegten Weihnachtsbillet zu kritisieren: Leider wurde von Ihrer Seite – auch im Gedenkjahr 1988 – auf die tausenden homosexuellen KZ-Opfer nicht aufmerksam gemacht bzw. ihre Rehabilitierung nicht gefordert, sondern deren Leiden wiederum durch Passivität, Zensur, unseriöse Berichterstattung oder gesetzlich nicht begründbare Gewaltanwendung verhöhnt… (vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1989, S. 24 f)

13 Brief des Bundeskanzleramts an die HOSI Wien vom 11. August 1989, Zl. 350.778/6-I/6/89.

14 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 3/1990, S. 13 f.

15 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 3/1990, S. 14 f.

16 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 4/1990, S. 24.

17 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 4/1991, S. 15.

18 Brief des BKA an die HOSI Wien vom 18. Oktober 1991, Zl. 350.778/18-I/6/91.

19 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1992, S. 23.

20 Im übrigen ging es nicht nur uns so: Mit der Aufforderung, doch konkrete Fälle von Zwangssterilisierungs- und Ethanasieopfern zu nennen, wobei eine wohlwollende Prüfung zugesagt wurde, wurden auch andere OpfervertreterInnen hingehalten (z. B. in der Beantwortung der Anfrage der Grünen Nr. 4588/J aus 1989, wiederholt in der in Fußnote 21 erwähnten Anfragebeantwortung (vgl. auch LAMBDA-Nachrichten 1/1992, S. 23, und 2/1992, S. 25).

21 Anfrage 2666/J vom 13. März 1992, Beantwortung Nr. 2582 durch den Bundeskanzler vom 6. Mai 1992, Zl. 353.100/2-I/6/92, II-5826 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats, XVIII. Gesetzgebungsperiode; vgl. LAMBDA-Nachrichten 2/1992, S. 25.

22 Stenographisches Protokoll der 57. Sitzung des Nationalrats, XVIII. Gesetzgebungsperiode, S. 5803; vgl. LAMBDA-Nachrichten 2/1992, S. 25.

23 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 3/1992, S. 26 f.

24 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 1/1993, S. 8 f, und 2/1994, S. 12 ff.

25 Vgl. LAMBDA-Nachrichten 2/1994, S. 12 ff.

26 Stenographisches Protokoll der 173. Sitzung des Nationalrats, XVIII. Gesetzgebungsperiode, S. 20848; vgl. LAMBDA-Nachrichten 4/1994, S. 20 ff.

27 Ausführlicher Bericht in den LAMBDA-Nachrichten 3/1995, S. 12 ff.

28 Stenographisches Protokoll der 40. Sitzung des Nationalrates, XIX. Gesetzgebungsperiode, S. 54-109.