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Schwarzblaues Experiment grandios gescheitert

Erschienen am 4. März 2005

Es wollte so gar keine rechte Jubelstimmung aufkommen, als Anfang Februar die schwarzblaue Bundesregierung den fünften Jahrestag der „Wende“ beging. Bei den GegnerInnen dieses Experiments ohnehin nicht, denn für sie gibt es schon lange nichts mehr zu feiern – am ehesten noch den lamentablen aktuellen Zustand der Koalition, der hoffen lässt, dass ihre Tage gezählt sind. Aber auch die BefürworterInnen waren angesichts der bescheidenen und größtenteils tristen Bilanz nach fünf Jahren ÖVP-FPÖ-Regierung nicht wirklich in euphorischer Stimmung – sieht man von den lächerlichen Jubelkommentaren in den bürgerlichen Medien ab, wobei einmal mehr Die Presse den Vogel abschoss, die – wirklich rührend! – von einem gelungenen Experiment schrieb. Selten so gelacht! Das ist dermaßen grotesk und erinnert stark an das Pfeifen im Wald eines ängstlichen Kindes, das die eigene Angst damit beschwören und vertreiben will.

Die Regierung schwang sich halbherzig zu einer ihrer läppischen und nervenden Inszenierungen der peinlichen Marke „Lopatka“ auf: Zwölf MinisterInnen formten fotogen ein „V“ für „Fünf“ (sicherlich nicht für „Victory“!) – die Staatssekretäre durften erst gar nicht mit aufs Bild – es kennt sie eh keiner! Und so konnte man optisch den Eindruck vermitteln, die Regierung bestünde endlich aus ebenso vielen Frauen wie Männern. Trick lass nach!

Katastrophale Bilanz

Aber was hätte man auch bejubeln sollen? Die Bilanz von fünf Jahren Schwarzblau ist jämmerlich, das Regierungspersonal durch die Bank unfähig und eigentlich eine Zumutung – wobei das Peinlichkeits-Ranking Karl-Heinz Grasser unangefochten anführt, dicht gefolgt von Liesl Gehrer. Um die weiteren Ränge balgen sich Rauch-Kallat, Schnellfahrer Gorbach und Schnellläuferin Prokop samt Ehegespons. Ausgeschieden ist – leider, ist man fast gewillt zu sagen – Bruchpilot Herbert Haupt, der nur mit seinem „Schwurbelsprech“ Kultstatus erlangte. Wohl noch nie seit 1945 ist Österreich so dilettantisch und mit soviel Inkompetenz regiert worden wie in den letzten fünf Jahren.

Der Zustand der FPÖ ist so „jenseitig“, dass man kein weiteres Wort mehr darüber zu verlieren braucht. Das wäre „Grabschändung“, wie Lucy McEvil es in ihrer Moderation am Regenbogenball so trefflich treffend ausdrückte. Wie wahr! Was die FPÖ alles über sich ergehen lässt und mit welcher Verzweiflung und Selbstverleugnung sie sich an ihre Pöstchen klammert, ist schon wieder dermaßen mitleidserregend, dass man alle Gutmenschen warnen muss: Vorsicht, unterdrückt dieses Gefühl mit allen Mitteln! Diese Partei verdient unter keinen Umständen unser Mitleid!

Nach dem „PISA“-Desaster wurde ausgerechnet zum Wendejahrestag der Armutsbericht für Österreich veröffentlicht, der ebenfalls katastrophal ausfiel: Dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, hätte nicht weiter überrascht – das ist ja nichts Neues, an dieser Entwicklung hat ja auch die SPÖ schon zu Zeiten der großen Koalition tatkräftig mitgewirkt. Das Ausmaß der Verarmung und Umverteilung von unten nach oben hat aber auch die hartgesottensten ArmutsexpertInnen überrascht. Schon eine Million ÖsterreicherInnen lebt in Armut oder an der Armutsgrenze. Zehn Prozent der ÖsterreicherInnen teilen sich zwei Drittel des Vermögens, die anderen 90 % müssen sich mit dem restlichen Drittel begnügen. Die unteren EinkommensbezieherInnen verdienen immer weniger, die oberen immer mehr. Diese Tendenzen werden natürlich durch die einfallslose neoliberale Wirtschaftspolitik von Schwarz-Blau weiter verstärkt. Eine Politik, die wirklich jeder Trottel zusammenbringt. Sogar ein Herr Grasser.

ÖVP als faschistoid entlarvt

Fünf Jahre Schwarzblau haben die Schüssel-ÖVP jetzt aber auch für alle sichtbar als das entlarvt, wofür wir sie aufgrund unserer Erfahrungen auch schon vor 2000 gehalten haben, nämlich als eine Partei, die in Sachen Menschenrechte, Nichtdiskriminierung und Demokratiepolitik um nichts besser ist als die FPÖ. Nicht nur in Lesben- und Schwulenbelangen, auch in der Asylpolitik, in der Demokratiepolitik (Stichworte ÖH-Wahlrecht, Umfärbung durch Eingriffe in die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen) oder auch in Sachen Meinungsfreiheit (Stichwort: Rechtsverfolgung einer Zeitung, die die Regierung als „Scheißregierung“ bezeichnete) hat sich die ÖVP als antidemokratisch, antiliberal, autoritär und mitunter fast schon als faschistoid entpuppt. Höchste Zeit für eine neue Wende!

Kurts Kommentar LN 2/2005