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Farbenspiele

Erschienen am 4. Mai 2005

Die letzten beiden Monate hatten es wieder in sich: Das schwarz-blaue Affentheater lief zu unglaublicher Höchstform auf; unterhielt man sich anfangs noch köstlich, wich das Amüsement allerdings bald dem blanken Entsetzen. Von den dargebotenen wilden Farbenspielen wurde einem bald ganz schwindelig. Wie bei einem umgekehrten Curação-Destillationsvorgang färbte sich die Haider-Partie gar von blau auf orange. Nicht nur dem Publikum wurde dabei zum Großteil schlecht – auch den (vom Likör?) blauen Protagonisten schien die Umfärbung alles andere als gut zu bekommen, wie die heftige braune Rülpserei in ihren Reihen vermuten ließ. Schüssel hat dazu wieder viel geschwiegen – wobei dieses Schweigen immer bösartig missinterpretiert wird! – In Wirklichkeit ist auch er einfach nur völlig sprachlos über das, was bei seinem Koalitionspartner vor sich geht. Nicht nur ihm fehlen die Worte!

Fünf Jahre engste Tuchfühlung mit den Blauen haben auf die Schwarzen abgefärbt, wobei ein bisher nicht gekanntes Phänomen der Farbenlehre aufgetreten ist: Immer öfter ist dabei ein brauner Farbton herausgekommen. Die ÖVP – vielleicht schon farbenblind – merkt das offenkundig gar nicht, verteidigt etwa mit Zähnen und Klauen ihre Weigerung, homosexuelle Opfer im Opferfürsorgegesetz (OFG) zu berücksichtigen, und deckt – ganz blaue Methode – ihre Kritiker mit Klagen ein (vgl. Bericht ab S. 12).

Die Position der Schwarzen in dieser Sache ist angesichts der Fakten nicht nachvollziehbar und völlig grotesk. Wenn die ÖVP, wie sie vorgibt, die homosexuellen NS-Opfer ohnehin nach dem OFG entschädigen will – warum kann sie dann die beiden Wörter „sexuelle Orientierung“ nicht hineinschreiben? Warum geben die Schwarzen hier nicht nach? Ist es pure irrationale Homophobie? Fürchten sie einen Gesichtsverlust, wenn sie jetzt ihre bisherige Haltung aufgeben? – Der ist wohl größer, wenn sie weiter darauf beharren! Will die ÖVP uns, der Bewegung, keinen späten „Erfolg“ gönnen? Das wäre geradezu kindisch!

Die einzig plausible und Sinn machende Erklärung für mich ist, dass die ÖVP unbedingt ihre gesamte Verhandlungsmasse für eine etwaige Koalition mit den Grünen behalten will. Würde sie jetzt in einer Frage nachgeben, fehlte ihr dieser Einsatz beim späteren Verhandlungspoker. Offenbar will die ÖVP die OFG-Novelle in petto haben, damit die Grünen im Falle einer schwarz-grünen Koalition ihre rosa-lila Wählerklientel damit abspeisen können – nach dem Motto: Die „Homo-Ehe“ bzw. der „ZIP“ ist zwar mit den Schwarzen leider nicht möglich, aber immerhin haben wir ihnen die OFG-Novellierung abgerungen!

Grüne machen sich mitschuldig

Abgesehen davon, dass es angesichts der Entwicklung der Schwarzen grundsätzlich von Tag zu Tag immer problematischer wird, dass die Grünen ihre Koalitionsoption mit der ÖVP überhaupt aufrechterhalten, machen sie sich mitschuldig. Eigentlich müssten sie der ÖVP unmissverständlich zu verstehen geben, dass eine spätere Zusammenarbeit auch davon abhängt, was sie heute macht. Solange die Grünen nicht deutlich zum Ausdruck bringen, dass es für eine Koalition nach den nächsten Wahlen nicht völlig egal ist, wie sich die Schwarzen heute aufführen, wird die ÖVP keinerlei Motivation verspüren, ihre starre Haltung in der Entschädigungsfrage aufzugeben. Ohne solche Klarstellungen machen sich die Grünen indes zu Komplizen der schwarzen Taktik. Gerade in dieser Angelegenheit kann man auch nicht warten – mit jedem Tag, der vergeht, sinken die Chancen, dass Betroffene eine Gesetzesänderung erleben.

Dieselbe Überlegung gilt natürlich auch für die Roten, die ja eine Koalition mit den Schwarzen nach der nächsten Wahl ebenfalls nicht kategorisch ausschließen. Bedenklich, dass die Roten – nach all dem, was in den letzten fünf Jahren vorgefallen ist – kein Problem haben, sich sofort wieder zu den Schwarzen ins Bett zu legen, ohne eine mehrjährige Desinfektionszeit vorzusehen, während der die ÖVP ihr Lager von all den blauen und braunen Residuen reinigen könnte.

Aber wie auch immer – den nächsten Wahlen dürfen wir optimistisch entgegensehen: Das Uhrwerk Orange läuft unaufhaltsam ab und mit ihm die bleierne Zeit der schwarzen Herrschaft. Die Zeit für die Farben des Regenbogens kann anbrechen – ich kann es kaum erwarten!

Kurts Kommentar LN 3/2005

Nachträgliche Anmerkung

ZIP ist die Abkürzung für den „Zivilpakt“, das Modell der Grünen für eine (zusätzliche) Ehe-Alternative, die wie die Ehe dann sowohl verschieden- als auch gleichgeschlechtlichen Paaren offenstehen sollte. Das ZIP-Modell ist aber auf keine große Gegenliebe gestoßen und wieder in der politischen Versenkung verschwunden.