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UNO-Beraterstatus der ILGA suspendiert

Veröffentlicht am 25. Oktober 1994
Trotz des Ausschlusses pädophiler Organisationen aus der ILGA (vgl. LN 3/1994, S. 46 ff) wurde ihr NGO-Status bei der UNO im September 1994 suspendiert, und zwar auf Druck der USA, die mit Beitragskürzungen die UNO erpressten, wie ich in den LN 4/1994 berichtete.

Die UNO ist auf die Finanzbeiträge der USA angewiesen.

Am 16. September 1994 wurde der NGO-Status der ILGA beim Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (ECOSOC) suspendiert. Eigentliche Ursache dafür ist der notorisch homophobe Senator Jessie Helms. Er setzte im US-Senat in Hinblick auf den ILGA-Status folgenden Änderungsantrag zum Foreign Relations Authorization Act (Finanzgesetz, mit dem u. a. die Beiträge der USA für die UNO beschlossen werden) durch:

Mittelentzug: Ungeachtet anderer gesetzlicher Bestimmungen werden die genehmigten Mittel, die als „Beiträge für internationale Organisationen bewilligt wurden, um den Betrag von 118,875.00 Dollar für jedes der Fiskaljahre 1994 und 1995 und für jedes Jahr danach reduziert, falls der Präsident der Vereinigten Staaten dem Kongreß nicht bestätigen kann, daß keine UNO-Organisation oder der UNO angeschlossene Organisation irgendeiner Organisation, die Pädophilie propagiert („promote“), billigt („condone“) oder für ihre Legalisierung eintritt oder eine solche Organisation als Mitglied hat, offiziellen Status, Akkreditierung oder Anerkennung gewährt.

Bill Clinton kann natürlich die geforderte Bescheinigung nicht liefern, denn dann müßte er ja 100prozentiges Vertrauen in die ILGA haben, auf die das Manöver abzielt, die er und sein Apparat aber nicht ausreichend gut kennen können. Die UNO, die ohnehin unter akutem Geldmangel leidet, braucht die jährlich 1,3 Milliarden Schilling, um die es hier geht, so notwendig wie ein Stück Brot. Nach dem Motto „Wer zahlt, schafft an“ muß sie sich also dem UNO-Hasser Helms beugen und sich von den USA dazu erpressen lassen, den NGO-Status der ILGA aufzuheben. Dies konnte allerdings verhindert werden. Am 16. September wurde nur ein Beschluß gefaßt, den NGO-Status der ILGA auszusetzen. Das heißt, die ILGA braucht nicht nochmals durch die jahrelange Aufnahmeprozedur. Um die Suspendierung aufzuheben, bedarf es jedoch einer entsprechenden Empfehlung des NGO-Komitees von ECOSOC, die davon abhängen wird, ob die ILGA dem Gremium überzeugende Garantien vorlegen kann, daß – wie es in der ECOSOC-Resolution heißt – und hier hat man von Jessie Helms abgeschrieben – weder die ILGA noch ihre Mitgliedsorganisationen Pädophilie propagieren, gutheißen oder für ihre Legalisierung eintreten.

Nun wird in der ILGA diskutiert, wie diese Garantien aussehen könnten – und vor allem, ob man diese überhaupt abgeben will. Zwar hat die ILGA auf ihrem Jahreskongreß vergangenen Juli in New York beschlossen, reine Pädogruppen auszuschließen und daß Organisationen, deren hauptsächliches Ziel es ist, Pädophilie zu unterstützen oder zu befürworten, mit der weiteren Entwicklung der ILGA nicht vereinbar sind (vgl. LN 3/1994, S. 46 ff), aber speziell das Wort „condone“ macht die Sache problematisch: Es bedeutet in etwa: vergeben, verzeihen, über etwas hinwegsehen.

Anlaßfall für das Helms-Amendment waren offenbar Gerüchte, daß nach dem Ausschluß der Pädogruppen die ILGA dennoch Mitglieder habe, die Pädo-Untergruppen haben oder Pädophilie differenziert betrachten. Helms bekam offenbar Wind davon, daß dies auf das Münchner ILGA-Mitglied VSG, das eine Pädo-Arbeitsgruppe beherbergt, zutrifft. Mag es nach den New Yorker Beschlüssen noch logisch und konsequent sein, auch Mitglieder auszuschließen, die über Pädo-Untergruppen verfügen, so stellt sich doch die Frage, was kommt als nächstes? Interpretiert man „condone“ wie oben erklärt, könnte Helms ja dann damit kommen, jede Gruppe, die nicht aktiv gegen Pädophilie auftritt, würde eben über sie hinwegsehen und daher den Anforderungen seines Antrags nicht entsprechen.

Die ILGA-Sekretariate, UNO-Arbeitsgruppen in New York, Genf und Wien und viele einzelne AktivistInnen sind nun bis Ende Oktober damit beschäftigt, die Sache und die weitere Vorgangsweise zu erörtern. Das Sekretariatetreffen in Brüssel wird dann konkrete Entscheidungen treffen. Die LN werden klarerweise weiter berichten. Einen Trost haben wir jetzt schon: Lesben und Schwule sind so wichtig geworden, daß der US-Senat und die Medien sich mit ihnen ausgiebig beschäftigen.

Man stelle sich vor: Die Milliardenbeträge der USA, auf die die UNO so bitter angewiesen ist, hängen von Lesben und Schwulen ab! Selbst die New York Times berichtete über die Sache am 18. September.