Seite wählen
  1. Diverse LN-Beiträge
  2. Menschenrechtskonferenz des Europarats

Menschenrechtskonferenz des Europarats

Veröffentlicht am 6. April 1993
Im Jänner 1993 vertrat ich gemeinsam mit ALEXANDRA DUDA die ILGA bei der Menschenrechtskonferenz des Europarats in Straßburg. Sie war als regionale europäische Vorbereitungstagung für die große UNO-Weltkonferenz über Menschenrechte gedacht, die dann im Juni 1993 in Wien stattfand. Ich berichtete in den LN 2/1993.

Das Palais de l’Europe – Sitz des Europarats – in Straßburg

Wie in den LN 1/1993, S. 56 ff, bereits erwähnt, war die International Lesbian and Gay Association (ILGA) eingeladen, als nichtstaatliche Organisation (NGO) an der vom Europarat organisierten Konferenz Menschenrechte an der Wende zum 21. Jahrhundert teilzunehmen. Diese Tagung galt als Vorbereitung auf die UNO-Weltkonferenz über Menschenrechte, die vom 14. bis 25. Juni 1993 in Wien stattfinden wird. Da nur zwei Personen von jeder NGO zugelassen waren, wurde die ILGA schließlich von ALEXANDRA DUDA, einer in Düsseldorf lebenden und für die glf in Köln tätigen Wienerin, und vom Autor dieser Zeile vertreten. Die dreitägige Tagung (28.–30. Jänner 1993) fand im Hauptquartier des Europarats, dem Palais de l’Europe, in Straßburg statt.

Insgesamt waren sechs Arbeitsgruppen und mehrere Plena vorgesehen. Letztere wurden von der Generalsekretärin des Europarats, Catherine Lalumière, höchstpersönlich geleitet. Als Generalberichterstatterin der Tagung war die irische Staatspräsidentin Mary Robinson engagiert worden. Sie ist im übrigen jene Rechtsanwältin gewesen, die u. a. DAVID NORRIS bei seiner Beschwerde gegen die Republik Irland vor der Kommission und dem Gerichtshof für Menschenrechte vertreten hat. Aufgrund von Norris’ Klage wurde bekanntlich Irland 1988 dazu verurteilt, das Totalverbot homosexueller Handlungen aufzuheben, ein Urteil, dem die Inselrepublik bis heute nicht gefolgt ist!

Die UNO-Arbeitsgruppe der ILGA, die in einer New Yorker Lesben- und Schwulengruppe beheimatet ist, hatte einen Text für die Konferenz vorbereitet. Gemeinsam mit anderen Dokumenten wurde er von der HOSI Wien zu einem professionell gestalteten Informationspaket geschnürt, das ich in 150facher Ausfertigung nach Straßburg schleppte (35 kg). Alexandra und ich absolvierten den Tagungsmarathon und nahmen an vier der sechs Arbeitsgruppen teil. Egal, wie das Thema hieß, die Verbindung zu Lesben- und Schwulenrechten war – fast – immer doch irgendwie herzustellen. Und so brachten wird diesen Aspekt in drei der vier Arbeitsgruppen vor.

Obwohl nicht heftig diskutiert, wurde er von den Berichterstattern jeweils aufgegriffen und nicht nur in den schriftlichen Bericht aufgenommen, sondern auf dem Abschlußplenum mit Lalumière und Robinson auch verbal zur Kenntnis gebracht. Dreimal an einem Nachmittag war da von der Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung bzw. von Lesben- und Schwulenrechten die Rede.

Abends gab es zwei Empfänge, einmal durch die Generalsekretärin, der Alexandra und ich bei dieser Gelegenheit auch kurz die Hände schüttelten und dabei auf das bevorstehende Ansuchen der ILGA auf Beraterstatus hinwiesen, und einmal durch die Bürgermeisterin der Stadt Straßburg. Beide Empfänge wurden eifrigst für Lobbying genützt. Alexandra und ich hatten Gelegenheit, mit etlichen Diplomaten aus den diversen Außenministerien zu sprechen, darunter mit vielen „alten Bekannten“ aus den KSZE-Zusammenhängen. Wir plauderten mit so exotischen Delegationen wie jenen aus Belarus, Albanien, Rumänien und Litauen – vor allem aus Staaten also, in denen noch ein Totalverbot der Homosexualität herrscht. Aber wir bearbeiteten auch die Delegierten aus wohlgesonnenen Ländern, etwa aus Dänemark, um sie zu noch engagierterem Einsatz anzuspornen. Wichtig waren auch die Gespräche mit ExpertInnen und den VertreterInnen anderer NGOs, etwa von Amnesty International.

Außerdem nützten Alexandra und ich die Gelegenheit, am Sitz des Europarats zu weilen, dazu, ständige Beamte, mit denen die ILGA durch ihre vielfältigen Aktivitäten zu tun hat, zu einem Plauscherl in ihren Büros aufzusuchen. Da ging es etwa darum, zu verhindern, daß Staaten als neue Mitglieder aufgenommen werden, in denen Homosexualität noch total verboten ist, was ja einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellt. Wir diskutierten auch das von der ILGA angestrebte Zusatzprotokoll zur EMRK, durch das „sexuelle Orientierung“ als weitere Nichtdiskriminierungskategorie in die Konvention Eingang finden sollte. Und auch in diesen Gesprächen ging es um den NGO-Status für die ILGA.