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Foto-Ausstellung von Gudrun Stockinger im HOSI-Zentrum

Veröffentlicht am 31. Januar 1983
Vom 9. Dezember 1982 bis 29. Jänner 1983 präsentierte sich das HOSI-Zentrum in der Novaragasse 40 zum ersten Mal als Galerie. Gezeigt wurde die Fotoausstellung „Ich küsse Ihre Hand, Madame...“, die in Zusammenarbeit mit der HOSI Wien entstand. Ich berichtete über die – etwas mühsame – Entstehungsgeschichte in den LN 1/1983, wo außerdem ein ausführliches Interview mit Gudrun Stockinger nachzulesen ist.

Aus der Foto-Serie „Ich küsse ihre Hand, Madame...“

Aus der Foto-Serie „Ich küsse ihre Hand, Madame...“

Gudrun Stockinger (li) mit einigen ihrer Models

Monika Faber, Gudrun Stockinger und HOSI-Wien-Vizeobmann REINHARDT BRANDSTÄTTER bei der Vernissage

Das HOSI-Wien-Zentrum war am Abend der Vernissage total überfüllt, hier REINHARDT, NEDA BEI und WERNER TAIBON, im Vordergrund von hinten Gudrun Stockinger

Mai 1982. Eines schönen Tages schneit Gudrun Stockinger, freischaffende Fotografin – nach kurzem vorherigem Telefonat mit dem Vereinssekretär DIETER SCHMUTZER – mit einer Auswahl ihrer bisherigen Arbeiten bei der HOSI-Tür herein, um uns vorzuschlagen, eine Fotoserie mit HOSI-Mitgliedern zu machen. Die erste Skepsis verflogen, wird ein Fotografier-Termin ausgemacht, zu dem mindestens elf Schwestern aufkreuzen.

Ein vergnüglicher Nachmittag; nach einigen Tagen Bewundern der und Begeisterung über die ersten Abzüge, aber auch erneute Verunsicherung. Dann der Sommer, die Leute fahren weg, Pause Pause Pause.

Im Spätsommer bemüht sich Gudrun, ein paar Leute für weitere Foto-Termine zusammenzutrommeln. Zweimal zum vereinbarten Zeitpunkt vor dem geschlossenen HOSI-Zentrum der „Modelle“ harrend, die nicht kommen – Kontrollanrufe ergeben, daß die Leute noch im Bett liegen oder gerade beim Frühstück sitzen –, verwandelt sich Gudruns Frust über dieses faule unzuverlässige Volk in hellen Zorn – und unaufhaltbare Arbeitswut. Geradezu eine Herausforderung für sie, es diesen HOSI-Leuten zu zeigen – jemand anderer hätte diesen undankbaren Schwestern den ganzen Krempel hingeschmissen. Durch Gudruns Unnachgiebigkeit schließlich doch ein zweiter Fototermin, kurz vorm Novembernebel!

Wieder Begeisterung über die Fotos, die fast noch besser waren als die vom ersten Termin. Da macht Vizeobmann REINHARDT BRANDSTÄTTER den Vorschlag, doch eine Ausstellung damit zu machen. Wo? Natürlich im HOSI-Zentrum. Okay, klar.

Eine Menge Arbeit kommt auf uns zu: Gudrun arbeitet die Fotos aus, um Subvention wird angesucht, eine zusätzliche Beleuchtung eingebaut, PR-Arbeit, Vernissagenvorbereitungen. In Rekordzeit können wir dem Kulturamt der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst – übrigens nicht kostendeckende – Fördermittel entlocken. Die Einladung – als Plakat – wird gedruckt, gefaltet, verschickt, in Wiens Lokalen verteilt. Die Bilder werden eingerahmt und aufgehängt.

Und dann die Ausstellungseröffnung am Donnerstag, den 9. Dezember – ein Fest, wie es das HOSI-Zentrum noch nie erlebt hat. An diesem Abend gehen zwischen 400 und 500 Leute in der HOSI aus und ein. Zeitweilig gab es nicht einmal mehr Stehplätze.

Monika Faber vom Museum moderner Kunst im Palais Liechtenstein weist in ihrer Eröffnungsrede auf jene neue, ungewöhnliche und innovative Art des Darstellens hin, die in Gudruns Bildern am gerade nicht Augenreißerischen und nicht Sensationslüsternen zu erkennen ist.

Bei der Begrüßung der Vernissagengäste durch den Vereins-Vize meint dieser, daß es beim Transport unserer politischen und schwulenemanzipatorischen Anliegen kaum Einschränkungen bei den Mitteln gebe. Bringt uns jemand die Möglichkeit einer Ausstellung, so wird die HOSI kurzerhand zu einer Galerie, und dann sind es eben die Bilder, die unsere Anliegen transportieren und Mittler im Gespräch mit vielen neuen Leuten werden.

Ein Glück, daß sich die engagierte Fotografin trotz der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit nicht abschrecken ließ, sondern – als Sympathisantin gekommen – schließlich als Mitstreiterin und Freundin der HOSI bleibt.

 

Nachträgliche Anmerkungen:

Die Fotoserie sorgte auch im herkömmlichen Kunstbetrieb für eine kleine Sensation und wurde später vom Salzburger Rupertinum angekauft und damit in die staatliche Fotokunstsammlung der Republik Österreich aufgenommen. Mehr Fotos aus der Serie hier.

25 Jahre später zeigte die HOSI Wien noch einmal Fotos aus der Ausstellung im HOSI-Zentrum (vgl. LN 1/2008, S. 16 f) sowie am Regenbogenball 2008 (vgl. LN 2/2008, S. 10 f) – beide Berichte finden sich hier.

Gudrun ist der HOSI Wien in der Tat als Freundin verbunden geblieben, zumindest bis zu meinem Ausscheiden. Die Freundschaft mit mir (und einigen anderen ehemaligen Aktivisten der HOSI Wien) dauert indes bis heute an.