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EU: Parlament verabschiedet Fahrplan gegen Diskriminierung

Veröffentlicht am 21. Februar 2014
Am 4. Februar 2014 verabschiedete das Europäische Parlament den von ULRIKE LUNACEK vorbereiteten „EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität“. In dem Jahr standen wieder Wahlen  zum EP an. In meinem Artikel in den LN 1/2014 berichtete ich zudem über die Aktivitäten und Kampagne der ILGA-Europa im Vorfeld dieser Wahlen.

Das Europäische Parlament in Brüssel

Podiumsdiskussion der ILGA-Europa im Brüsseler Presseklub „Europe“ mit VertreterInnen von fünf Fraktionen des Europäischen Parlaments – v. l. n. r.: Gilles Garnier (Europäische Linke), Guy Verhofstadt, Vorsitzender der Liberalen (ALDE) und deren Kandidat für das Amt des nächsten EU-Kommissionspräsidenten, Hannes Swoboda (Vorsitzender der SP-Fraktion), Marije Cornelissen (Grüne) und Sirpa Pietikäinen (Europäische Volkspartei).

Nach der Verabschiedung des von ULRIKE LUNACEK vorbereiteten Berichts und der entsprechenden Entschließung über den „EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität“ durch das Europäische Parlament am 4. Februar 2014 (vgl. Ulrikes Kolumne auf S. 33) gratulierte ihr die HOSI Wien in einer Medienaussendung zu diesem wichtigen Erfolg und dankte ihr bei dieser Gelegenheit für ihr unermüdliches Engagement in Sachen Menschenrechte und Gleichstellung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgenderpersonen.

Dieser Fahrplan ist auch ein wichtiges Instrument in Hinblick auf die Befragung von KandidatInnen sowohl für die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2014 als auch danach für die Bestellung der EU-Kommission. Die von den Regierungen für den Posten eines EU-Kommissars nominierten KandidatInnen müssen sich ja einer Anhörung durch das im Mai neugewählte Europa-Parlament stellen, das die KandidatInnen  in der Folge bestätigen muss. Die Unterstützung bzw. Nichtunterstützung der einzelnen KandidatInnen bei der Umsetzung dieses EU-Fahrplans gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität könnte also zu einer wichtigen Frage in diesem Zusammenhang werden.

 

ILGA-Europa startet Wahlkampagne

Dies deutete sich bereits bei einer Podiumsdiskussion an, die der europäische LSBTI-Verband ILGA-Europa am 12. Februar im Presseklub Europe in Brüssel veranstaltete. Am Podium waren – zum Teil höchstrangig – fünf EP-Fraktionen vertreten. Fünf von ihnen wollen die Forderungen der LSBTI-Bewegung voll unterstützen. Nur die finnische EP-Abgeordnete Sirpa Pietikäinen von der Europäischen Volkspartei konnte ihre persönliche Unterstützung nicht im Namen der ganzen Fraktion bekunden. Sie betonte aber, dass es auch in der EVP zu Haltungsänderungen komme.

Im Publikum saßen vor allem die TeilnehmerInnen des zweitägigen Seminars, das die ILGA-Europa organisiert hatte, um ihre „Come out“-Kampagne zur EP-Wahl vorzustellen und gemeinsam mit den AktivistInnen aus den EU-Mitgliedsstaaten – aus Österreich nahm der Autor dieser Zeilen teil – weitere Aktivitäten und Aktionen im Rahmen dieser Kampagne zu erarbeiten und zu besprechen.

Wie schon vor fünf Jahren beim letzten EU-Wahlkampf ist Kernstück der ILGA-Europa-Kampagne (vgl. LN 3/2009, S. 22) ein 10-Punkte-Programm mit den wesentlichsten Forderungen und Anliegen. Die KandidatInnen für die EP-Wahl sind aufgerufen, sich durch ihre Unterschrift unter dieses Dokument zu verpflichten, sich für die Umsetzung dieses Programms einzusetzen. Und natürlich werden die ILGA-Europa und ihre Mitgliedsorganisationen in den nächsten fünf Jahren laufend beobachten und überprüfen, ob die UnterzeichnerInnen dann bei den Abstimmungen und ihren Äußerungen das abgegebene Versprechen auch einhalten.

Da die am Podium vertretenen EP-Fraktionen mit Ausnahme der EVP in Sachen Kampf für die Rechte von LSBTI-Personen in gleicher Weise positiv punkten, zielten einige der Fragen aus dem Publikum dann eher auf die – klassische – Diskrepanz zwischen dem, was die Fraktionen auf europäischer Ebene vertreten, und dem, was die ihnen angeschlossenen Parteien auf nationaler tun bzw. nicht tun, ab. So richtete ein Teilnehmer aus der Slowakei an Hannes Swoboda, den Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokratie, die Frage, ob und wie er es sich erklären könne, dass die slowakische SP (SMER-SD) unter Ministerpräsident Robert Fico nach sechs Jahren an der Regierung, darunter seit 2012 mit absoluter Mehrheit allein, immer noch kein Partnerschaftsgesetz auf den Weg gebracht hat.

 

Diskrepanzen

Und der Autor dieser Zeilen fragte Guy Verhofstadt, ob man denn nicht seitens der liberalen EP-Fraktion (ALDE) in den letzten fünf Jahren das deutsche Mitglied FDP dazu überreden versucht habe, seinen Widerstand gegen eine neue horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie aufzugeben – bekanntlich hatte die FDP im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU für die letzte Bundesregierung die Blockade dieser Richtlinie im EU-Rat festschreiben lassen. Dadurch sind fünf wertvolle Jahre verlorengegangen. Verhofstadt ging auf meine Frage nicht ein, sondern bemerkte nur unwirsch, dass Problem sei ja jetzt gelöst – da ja die FDP nach den Wahlen im Vorjahr aus dem Bundestag geflogen ist…

Verhofstadt war übrigens am 15. Februar in Wien dabei, als die frühere LiF-Chefin Angelika Mlinar zur NEOS-Spitzenkandidatin für die EP-Wahl gekürt wurde. Vielleicht sollten wir die NEOS fragen, ob sie dafür eintreten werden, dass die aufgrund der unterschiedlichen EU-Richtlinien bestehende Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung endlich beseitigt wird…

ILGA-Europa hat auf ihrem Website umfassende Informationen über ihre EP-Wahlkampagne zusammengestellt. U. a. kann man mit drei Klicks nachsehen, welche KandidatInnen bereits die Verpflichtungserklärung unterschrieben haben, sich im Sinne des 10-Punkte-Forderungsprogramms der ILGA-Europa einsetzen zu wollen. Die LN werden in der nächsten Ausgabe natürlich noch ausführlich über die EP-Wahl berichten. Es wird eine wichtige Wahl werden!