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50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Veröffentlicht am 19. Januar 1999
Am 10. Dezember 1998 fand in der Wiener Hofburg ein Festakt zu „50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ statt. Das Außenministerium wollte mich wegen früherer Unbotmäßigkeit davon ausschließen. Andere NGOs erzwangen jedoch durch ihre Solidarität die Teilnahme von mir und der HOSI Wien, wie ich in den LN 1/1999 berichtete.

Festakt in der Wiener Hofburg am 10. Dezember 1998: Die ambitionierten Pläne der NGO-Community wurden vom Außenministerium ziemlich abgespeckt. Schließlich durfte sie gnädig sechs Stellwände aufstellen – hier jene der HOSI Wien.

Am 10. Dezember 1998 wurde weltweit der 50. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen begangen. Auch in Wien gab es dazu jede Menge Aktivitäten, an denen auch die HOSI Wien teilnahm. Den Festivitäten ging aber auch ein Jahr lang Arbeit anläßlich des von der UNO ausgerufenen Menschenrechtsjahrs 1998 voraus.

In Österreich haben sich bekanntlich bereits im Frühjahr 1997 verschiedene österreichische nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen zusammengefunden, um gemeinsame Vorbereitungen und Aktivitäten für das Menschenrechtsjahr 1998 zu unternehmen (vgl. LN 2/1997, S. 13 f). Daraus entstand ein loses Netzwerk dieser NGOs, an deren Arbeit sich die HOSI Wien von Anfang an aktiv beteiligt hat (die LN haben seither in jeder Ausgabe aktuell darüber berichtet). Zum Menschenrechtstag am 10. Dezember 1997 wurde dann das „Nationalkomitee Menschenrechtsjahr 1998“ gegründet, dem die HOSI Wien ebenfalls von Anfang an angehört hat. Sowohl das Netzwerk wie auch die beiden innerhalb des Nationalkomitees installierten Arbeitsgruppen (nationale Umsetzung; Durchsetzung auf internationaler Ebene) haben sich regelmäßig getroffen. Im letzten Quartal 1998 gab es Treffen des Netzwerks am 5., 19. und 27. Oktober, am 10. November und 2. Dezember, die beiden Arbeitsgruppen des Nationalkomitees tagten am 25. November. Am 21. Dezember gab es ein Gespräch zwischen den NGOs und Ingrid Siess-Scherz, der neuen, im Bundeskanzleramt für die Arbeit des Nationalkomitees verantwortlichen Person. Sämtliche Termine wurden für die HOSI Wien von Generalsekretär Kurt Krickler wahrgenommen.

 

Bisher Erreichtes

Das Menschenrechtsnetzwerk und das Nationalkomitee möchten in erster Linie strukturelle Verbesserungen bei der Menschenrechtsarbeit in Österreich erreichen. Hier gibt es bereits einen Erfolg: Eine wichtige Forderung aus dem gemeinsamen NGO-Forderungskatalog, der im Frühjahr 1998 verabschiedet und am 19. Juni 1998 auch Bundeskanzler Viktor Klima überreicht wurde (vgl. LN 3/1998, S. 21), ist erfüllt worden: In allen Ministerien wurden sogenannte KoordinatorInnen für Menschenrechtsfragen namhaft gemacht, die als AnsprechpartnerInnen gerade für NGOs fungieren sollen. Weniger aufgeschlossen zeigte sich hingegen das Parlament: Der an den Nationalrat herangetragene Wunsch, einen eigenen Menschenrechtsausschuß einzusetzen, wurde vorerst abgeschmettert: Im Nationalrat würde die Funktion eines Menscherechtsausschusses vom Verfassungsausschuß wahrgenommen, hieß es in der Begründung der Präsidialkonferenz. Das Netzwerk will sich aber damit nicht abfinden und weiteres Lobbying betreiben.

Neben den strukturellen Anliegen wurde aber auch inhaltlich gearbeitet. Hier ist als Erfolg zu nennen, daß die speziell von der HOSI Wien lancierte und gepuschte Idee, ein Anti-Diskriminierungsgesetz auszuarbeiten, verwirklicht werden soll. Zu diesem Zweck ist, wie berichtet (vgl. LN 4/1998, S. 38), eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die bis zum Sommer 1999 einen Entwurf ausarbeiten soll. Für dieses Projekt wurden auch Fördermittel aus dem mit fünf Millionen Schilling dotierten „Topf“ der Bundesregierung für die Arbeit der Menschenrechts-NGOs zur Verfügung gestellt. Auch die im Vorjahr geschaffene und im Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM) in Wien angesiedelte Halbtags-“Koordinationsstelle Menschenrechtsjahr“, die mit Marion Wisinger besetzt wurde, wird übrigens aus diesem Topf finanziert.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Netzwerkes war es auch, durch entsprechendes Lobbying dafür zu sorgen, daß das Nationalkomitee nach Ablauf des Menschenrechtsjahres 1998 nicht einfach sanft entschlummert, sondern daß es in irgendeiner Form weitergeführt wird. Dies ist vorerst gelungen, allerdings muß sich erst herauskristallisieren, wie dies geschehen wird.

 

Mühsamer Festakt in der Hofburg

Für den 10. Dezember 1998 plante das Außenministerium einen Festakt – nicht zuletzt, um Außenminister Wolfgang Schüssel eine Gegen-Tribüne zum EU-Gipfel am 11. und 12. Dezember, wo Konkurrent Klima ihm die Show zu stehlen drohte, zu bieten. Beim Festakt im Zeremoniensaal der Hofburg hielten unter anderen der Präsident des Europäischen Parlaments, José María Gil-Robles Gil-Delgado, EU-Kommissionspräsident Jacques Santer, der polnische Außenminister und turnusmäßige OSZE-Vorsitzende Bonisław Geremek und natürlich Schüssel Ansprachen. Dazwischen gab es Musikprogramm, Videoeinspielungen mit Grußbotschaften von Kofi Annan, Mary Robinson und José Saramago sowie einen Videofilm zum Thema Menschenrechte.

Es kostete die NGOs einige Überredungskunst, in den Festakt mit einbezogen zu werden. Ursprünglich war dies gar nicht vorgesehen! Das Netzwerk erarbeitete ein umfassendes und originelles Konzept für die Beteiligung der NGOs – dazu gehörten nicht nur Info-Tische, sondern auch kreative Aktionen, wie Fingerabdruck-Abnahme aller Festgäste, schwul/lesbisches Kiss-in. Im Laufe der Verhandlungen wurde das Konzept aber ziemlich „abgeräumt“, aus den Infotischen wurden sechs einfache Stellwände, die schließlich im schlecht beleuchteten Eingangsbereich bei den Garderoben aufgestellt wurden, von den Aktionen wurde nur das Austeilen einer Armensuppe durch die Initiative Volksbegehren Recht auf Arbeit im Schweizerhof der Hofburg, im Freien vor dem Eingang, gestattet. Die NGOs erkämpften sich auch Redezeit beim Festakt selbst. Die von Sandra Kreisler gemeinsame mit den NGOs erarbeitete Rede wurde von der Schauspielerin präsentiert.

 

Persona non grata

Einen Konflikt gab es auch, als das Außenministerium NGO-VertreterInnen zwar im Foyer Infotafeln präsentieren lassen, sie aber vom Festakt selbst überhaupt ausschließen bzw. deren Anzahl später auf einige wenige Auserwählte beschränken wollte. Begründet wurde dies offiziell mit Platzmangel, weil nur 418 Plätze für eine Schar handverlesener Gäste zur Verfügung stünden. Das kam den NGOs dann doch etwas merkwürdig vor – ausgerechnet jene, die sich in ihrer alltäglichen Arbeit für die Verwirklichung der Menschenrechte einsetzen, sollten von einem Festakt für die Menschenrechte ausgeschlossen werden? Es sollte sich dann herausstellen, daß das Außenministerium in Wahrheit eine „Störung“ der Veranstaltung durch HOSI-Generalsekretär Kurt Krickler fürchtete. Immerhin sei er Schüssel im Juli extra nach Straßburg nachgereist, um ihn in der Pressekonferenz auf den § 209 anzusprechen (vgl. LN 4/1998, S. 17 ff), wurde einigen NGO-VertreterInnen off records von Beamten des Außenministeriums zugetragen. Und dann war da noch der Zwischenfall bei der EU-Tagung im Oktober (vgl. Bericht auf Seite 41 in diesem Heft)! Nun ja, Pressekonferenzen sind ja dazu da, Fragen zu stellen. Und bei dem „Zwischenfall“ bei der EU-Tagung handelte es sich um eine harmlose Wortmeldung im Rahmen einer Podiumsdiskussion!

Wohl nicht zuletzt aufgrund der ständigen Mitarbeit und des Engagements der HOSI Wien in der Netzwerkarbeit war es jedoch für die anderen NGOs überhaupt keine Frage, daß ein solches Ansinnen keinesfalls akzeptiert werden könnte. Die Solidarität der anderen Gruppen stand außer Zweifel. Zusätzlich waren die NGOs schon ziemlich genervt und frustriert von der mühsamen Zusammenarbeit mit dem Ministerium bei der Umsetzung des von den NGOs für ihre Teilnahme vorgeschlagenen Konzepts. Am 24. November teilte Netzwerk-Koordinatorin Wisinger jedenfalls dem zuständigen Gesandten Christian Strohal im Außenministerium mit: Es ist undenkbar, daß einzelne Organisationen oder Personen vom Außenministerium ausgewählt werden, Infomaterial zu präsentieren, und diejenigen Menschen, die hinter dieser Arbeit stehen, physisch nicht vorhanden sein können. Dies betrifft vor allem die Person Kurt Krickler, der als Vertreter der „Homosexuellen Initiative“ zum Thema Homosexualität und Menschenrechte einen Beitrag leisten möchte und dessen Präsenz am 10. Dezember für die NGOs unerläßlich ist. Ein Festakt anläßlich der Erklärung der Menschenrechte soll nicht Anlaß zum Ausschluß homosexueller Menschen werden. Menschenrechte sind unteilbar, besonders an diesem 10. Dezember.

Angesichts dieser eindeutigen und konsequenten Haltung der NGOs mußte das Außenministerium klein beigegeben und Krickler zum Festakt einladen. Denn eine Nichtteilnahme von NGOs hätte sich das Ministerium nicht leisten können, war die Veranstaltung doch eine gemeinsame mit der Europäischen Kommission, die ohnehin zum Konzept der Veranstaltung auf Distanz ging, weil ihr der Grad der Einbindung und Beteiligung der NGOs zu gering war.

Schwul/lesbischen Menschenrechten war dann auch eine der Stellwände im Eingangsbereich des Veranstaltungsorts gewidmet. Die HOSI ließ ein zwei Meter breites Textplakat mit der Aufschrift Gay and Lesbian Rights are Human Rights anfertigen und anbringen. Kurt Krickler hielt an sich, es kam zu keinem Eklat.

Schüssel würdigte in seiner Rede die Rolle der NGOs ausdrücklich, was angesichts der mühseligen Zusammenarbeit im Rahmen der Festakt-Vorbereitungen nicht mehr sehr glaubwürdig und überzeugend klang.

Die HOSI Wien meldete sich an diesem internationalen Tag der Menschenrechte auch mit einer entsprechenden Presseaussendung zu Wort.