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Aus LAMBDA-Nachrichten Special NR. 2/2000

20 Jahre HOSI Wien – das Fest im Rathaus

VON CHRISTIAN HÖGL

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Fast 500 Gäste kamen ins Rathaus, um mit der HOSI Wien ihren 20. Geburtstag zu feiern.

Die Festschrift zum 20. Geburtstag als Wandkalender: Dabei handelt es sich um ein faltbares Poster mit einer illustrierten Chronologie wichtiger Ereignisse in der Geschichte der HOSI Wien.

Hin und wieder soll nicht nur gearbeitet, sondern muß auch gefeiert werden. Das runde HOSI-Wien-Jubiläum war der perfekte Anlaß dazu. Am Samstag, den 18. März, ging – eine Woche vor der 21. Generalversammlung – das Geburtstagsfest von Österreichs ältester Lesben- und Schwulenorganisation über die Bühne.

Um 20 Uhr öffneten sich die Pforten zum Südvestibül des Rathauses. Gleich beim Eingang konnten die Gäste als „Damenspende“ – auch für Herren – einen Wandkalender [PDF hier] entgegennehmen. Dabei handelte es sich um ein in blau-silber gehaltenes Poster mit einer illustrierten Chronologie wichtiger Ereignisse in der Geschichte der HOSI Wien.

Gleich im Eingangsbereich war die Ausstellung With Love & Respect plaziert [siehe auch hier], und über der Garderobe hing ein Quilt des NAMES Project Wien. So waren Vereinsmitglieder und Freunde, die an den Folgen von AIDS verstorben sind, bei diesem festlichen Anlaß mit dabei.

Gleich vom Vestibül ging es weiter in die Volkshalle, einen der schönsten Veranstaltungsräume des Rathauses. Im vorderen Bereich hatte das Orlando, offizieller Caterer der Feier, ein eindrucksvolles Buffet mit lukullischen Genüssen aufgebaut, das allerdings so großen Anklang fand, daß es in knapp zwei Stunden zur Gänze verzehrt war.

Am Ende des Raumes war eine große Bühne aufgebaut worden, links und rechts flankiert von den Tischen für die Ehrengäste. Pfiffigen Blumenschmuck für diese Tische und die Stehpulte beim Buffet hatte die Zweigstelle – Der Blumenladen zur Verfügung gestellt.

Vor Beginn des offiziellen Programms spielten das Ensemble Wiener Schrammelsurium auf. In der Tradition der berühmten Wiener Schrammeln spielten die fünf auf zwei Geigen, Klarinette, Altwiener Knöpferlharmonika und Kontragitarre. Kurz nach 21 Uhr betraten die HOSI-Wien-Obleute WALTRAUD RIEGLER und CHRISTIAN HÖGL die Bühne, begrüßten die Anwesenden und verlasen Grußbotschaften von der Bundespräsidentschaftskanzlei und von Nationalratspräsident Heinz Fischer. Sie übergaben das Mikrofon dann an DIETER SCHMUTZER, der durch den Abend führte. Dieter ist Gründungsmitglied der HOSI Wien, Sozial- und Lebensberater und vielen noch als „Sexperte“ bei der legendären Ö3-Sex-Hotline bekannt.

Zwischen den einzelnen Showeinlagen wurden auf einer riesigen Leinwand im Bühnenhintergrund Dias aus dem HOSI-Wien-Fotoarchiv gezeigt. Dieter erzählte Anekdoten, berichtete über besondere Ereignisse und Höhepunkte der letzten 20 Jahre.

Erster Ehrengast auf der Bühne: Renate Brauner, Stadträtin und Verantwortliche für die städtische Antidiskriminierungsstelle, die auch für das Rathaus gleichsam als Gastgeberin die Gäste begrüßte.

Danach kamen RAINER BARTEL von der HOSI Linz und KURT ZERNIG von den RosaLila PantherInnen gemeinsam auf die Bühne, um ihr Geburtstagsgeschenk zu überreichen: einen Regenbogenwurm, Symbol für die vielen Jahre des Kampfes für lesbisch-schwule Emanzipation.

Die erste Showeinlage bestritt die Kabarettistin Marie-Thérèse Escribano, die der HOSI Wien immer sehr verbunden war und natürlich auch bei diesem Jubiläum gleich spontan zugesagt hatte, einen Beitrag zu leisten.

Zweiter Ehrengast war ULRIKE LUNACEK, ihres Zeichens erste offen lesbische Nationalratsabgeordnete und langjährige Freundin der HOSI Wien. Sie überreichte im Namen der Grünen, die auf dem Fest auch durch zwei weitere Abgeordnete, Theresia Haidlmayr [1955–2022] und Eva Glawischnig sowie die Gemeinderätinnen Maria Vassilakou und Jutta Sander vertreten waren, einen Kristall mit eingravierten Glückwünschen.

Als nächstes marschierten über 30 Männer auf die Bühne. Harmony Men, der schwule Männerchor unter der Leitung von Vijay Upadhyaya, hatte einen seiner ersten großen öffentlichen Auftritte. Gleich das Eingangslied Hello Dolly sorgte für viel Applaus, großen Beifall erhielt auch I Feel Pretty mit dem blond-berückten Philippe als Solisten. Kein Event ohne Pannen: Der Pianist war nicht rechtzeitig erschienen, so mußte Chorleiter Vijay selbst in die Tasten greifen.

Die dritte in der Reihe der tollen Frauen, die die HOSI Wien als Ehrengäste begrüßen durfte, war Heide Schmidt. Als sie auf die Bühne kam, brandete großer Applaus auf, der zwei Minuten lang nicht enden wollte. Auch sie richtete das Wort an die Anwesenden, gratulierte der HOSI Wien und betonte die Wichtigkeit von Selbstbestimmung und Liberalismus für unsere Gesellschaft. Weitere LiF-Prominenz auf dem Fest: Gemeinderat Marco Smoliner.

Einen umjubelten Auftritt hatten dann die HOSIsters. Sie brachten drei schwungvolle Chornummern aus ihrem Repertoire. Bei We Are Family klatschte auch das Publikum im Takt mit. Gleich anschließend stimmten alle ein Happy Birthday To You an, und eine riesige Geburtstagstorte wurde von vier jungen Männern in Kochmontur durch den ganzen Raum bis zur Bühne vorgetragen. Die Obleute schwangen gemeinsam ein Messer und schnitten die Torte an. Nach dem Showprogramm konnte sich jeder Gast ein (oder mehrere) Stück holen.

Abschluß des Hauptprogramms bildeten dann Tanzeinlagen der Rainbow Dancers – angeführt vom preisgekrönten Paar ANDRZEJ SELEROWICZ und JOHN CLARK – und der Frauentanzgruppe Resis.danse. Damit wurde auch das Tanzparkett freigegeben und DJane Wetschi legte klassische Tanzmusik auf.

Kurz nach Mitternacht ging dann als Höhepunkt des Abends das Midnight-Special über die Bühne. Den Anfang machten die beiden Drag-Queens GLORIA GAY und MARLENE VON D. Ihr Markenzeichen: freche Dialoge, tolle Musik und Livegesang. Musikalisch unterstützt vom Pums Choir (GEORG PUM, Peter und Marilyn Brandl) und optisch hervorragend ergänzt durch die Tanzeinlagen des Gay Dance Ballet OLIVER ARNOLD und RENÉ WAGNER. Die Gruppe kam hervorragend an, mußte aber das nach Zugaben skandierende Publikum enttäuschen, da aufgrund der Dichte des Programms nur drei Highlights aus ihren letzten Shows eingeplant waren.

Dann betrat Murielle Stadelmann die Bühne – eine tolle Frau mit einer großartigen Stimme und bezauberndem Charisma. Sie sang unter anderem die Schwulenhymne I Will Survive, bei der der ganze Saal mitsang, und schloß mit That’s What Friends Are For.

„Schöner kann man“, meinte Moderator Dieter in Anspielung auf diesen Liedtitel, „das Showprogramm gar nicht beschließen.“ Dieter kündigte dann die DJs Ronny und Klaus, vulgo die Frechen Heidelbeeren an. Sie hatten ja früher an Samstagen in der HOSI aufgelegt und waren für diesen Abend wieder gemeinsam ans Mischpult getreten. Sie sorgten dafür, daß die gute Stimmung weiter anhielt. Erst gegen vier Uhr früh klang das rauschende Fest aus, zu dem rund 500 Geburtstagsgäste gekommen waren.

 

(Dieser Beitrag erschien im LAMBDA Special, Beilage zu den LAMBDA-Nachrichten, 2/2000, S. IV ff. Er dient hier zur Abrundung meiner Berichterstattung über die Arrangements der HOSI Wien zu ihren runden Jubiläen in meinem Blog-Beitrag vom 29. Jänner 2020).